Mihal Brezis’ und Oded Bennuns „Aya“ stand mit neun weiteren Filmen in der Vorauswahl für eine Nominierung bei den Oscars in der Kategorie „Bester Realkurzfilm“ und wurde als einer von fünf Beiträgen nominiert.
Der Flughafen ist ein Nicht-Ort, ein Zwischenraum. Menschen kommen und gehen. Aber niemand bleibt. Auch Aya nicht. Sie steht im Getümmel in der Wartehalle, gemeinsam mit Familien, die ungeduldig die Ankunft ihrer Liebsten ausharren, und Chauffeuren, die hier einfach nur ihren Job machen wollen. Nervös hält Aya immer wieder ihr Mobiltelefon ans Ohr. Es ertönt nur eine Warteschleifenmusik: Tschaikowskis Schwanensee-Walzer. Was in den nächsten Minuten passieren wird, ist eine spontane Flucht aus dem Alltag.
Der israelische Kurzfilm „Aya“ von Mihal Brezis und Oded Bennun, der bereits mit dem israelischen Oscar ausgezeichnet wurde, erzählt diese intime Geschichte einer ungewöhnlichen Begegnung. Spontan übernimmt Aya am Flughafen die Rolle eines Chauffeurs. Der dänische Musikwissenschaftler Thomas Overby ist ihr Fahrgast. Ganz unaufgeregt beginnt die gemeinsame Reise nach Jerusalem. Der distanzierte, introvertierte Thomas möchte eigentlich nur seinen gewohnten Reiseaktivitäten nachgehen: Ein wenig ausruhen, eine neue klassische CD hören, für die er am Abend noch eine Rezension schreiben soll. Doch Aya ist ja kein klassischer Chauffeur, sie erwartet mehr von ihrem Mitfahrer: Gespräche und Intimität. Tschaikowskis Melodie ist dabei der erste Annäherungsversuch, sich auf die musikalische Welt von Thomas einzulassen. Ein gemeinsamer magischer Moment nimmt seinen Lauf. Zwei Fremde in einem kleinen Auto. Keiner kann hier einfach raus und gehen. Sie sind einander ausgeliefert.
Die Spannung versteckt sich in der Stille, in den zarten Berührungen, die beide miteinander austauschen. Wenn Thomas seine Hand auf Ayas Hand legt, um darauf Klavier zu spielen, wenn sich beide für einen winzigen Augenblick schweigend ansehen. Genau in diesen Leerstellen liegt die Kraft des Films. Die Kamera bleibt dabei immer ganz nah an den beiden haften, sodass man fast zu einem weiteren Mitfahrer wird. Über Aya selbst erfährt man nicht viel. Wer ist sie? Wen wollte sie eigentlich am Flughafen abholen? Vieles wird hier nur am Rande angedeutet und angesprochen. Doch sind es nicht gerade diese intuitiven, intensiven Begegnungen, die das Leben bereichern? Momente, die einfach so passieren und genau so schnell wieder vergehen, wie sie begonnen haben. „Aya“ ist so eine wunderbare, spontane Nicht-Begegnung.
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