Eine Idylle, dieses Fest. Das Treffen von Verwandten, liebenden Menschen und Freunden. Der Kaffee schmeckt, der Kuchen mundet – ein Kaffeekränzchen für die gesamte Familie. Sie lieben sich und vor allem freuen sie sich. Die gesamte Familie ist anwesend. Ein Bussi hier, ein Schmatzer da. Oma steckt dem Enkel ein paar Scheine in die Hosentasche, während der Onkel stolz die Geschichten aus der Schule erzählt bekommt. Ja, jeder liebt es. Überall diese Liebe und die Freude. Doch dann erhebt er sich, der älteste Sohn. Christian, sein Name. Lächelnd blickt er in die Runde. Kauende Gesichter, strahlende Augen, euphorische Minen, doch Christian deckt ihn auf, den Schein. Wir feiern den Vater, sechzig Jahre alt wird er, doch Christian hält sechzig Jahre für den Zeitpunkt seiner Familiengeschichte, in dem er aufdeckt, was wirklich geschah. Langsam deckt sich alles auf. Vergewaltigung, Rassismus, Gewalt – die Familie hat ihre Leichen im Keller.
„Das Fest“ ist der wohl radikalste Dogma-Film, Thomas Vinterberg macht aus der Liebe Hass, aus der Idylle einen Kriegsschauplatz. Bei Vinterberg werden Menschen zu Monstern. Nicht, weil er Menschen hasst, sondern weil Menschen sich selbst hassen. Sie sind Furien, sie müssen sich gegenseitig verletzen, bis sie merken, dass sie sich selbst zerstören. Die Wahrheit ist das Motiv des Films; sie zu ertragen, die Aufgabe. Es ist nicht einfach, die Naivität der Menschen zu ertragen, ihre fehlgeleiteten Auffassungen über Recht, Liebe und Moral zu akzeptieren. Doch man erkennt, es sind Menschen. Ihre Fehler: schwerwiegend, unentschuldbar, indiskutabel, doch menschlich. Die Akzentuierung von Menschlichkeit zur Barbarei ist ein Fest. Ein Fest voller Abscheu und Hass, aber auch ein Treffen der Freude und des Wiedersehens. Aber letztendlich sind sie alle haltlose Heuchler, so, wie Menschen eben sind. Gleichgültig sind sie alle, vergessen wird aber keiner. Auch, wenn sie es wollen, werden sie nicht vergessen, wie Christian sich erhob, seinem Vater ins Gesicht blickte und die Wahrheit erzählte. Die Wahrheit, die eine bereits kaputte Familie endgültig zerstörte. Für Christian aber war es die Absolution.
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