Michael Mann ist endgültig im digitalen Zeitalter angekommen. Enthielten seine drei letzten Filme „Collateral“ (2004), „Miami Vice“ (2006) und „Public Enemies“ (2009) noch 35-mm-Aufnahmen, verzichtet Mann mit „Blackhat“ vollständig auf dieses teuere, mittlerweile fast schon als veraltet geltende Format. Entsprechend digital fängt sein neues Werk an – eine animierte Fahrt der Signale von der Enter-Taste bis zum aufblinkenden Lämpchen. Mann macht klar: Hier geht es rasant zu, wie es von dem mittlerweile 71-jährigen Actionspezialisten zu erwarten war. Leider ist sein elftes Werk eines seiner weniger interessanten. Viel zu sehr verlässt sich Mann auf seine gewohnt anschauliche Optik, was der Geschichte nicht mehr Tiefe oder Logik verleiht.
Wer James Caan, Daniel Day-Lewis und Robert der Niro vor seiner Kamera hatte, muss irgendetwas richtig gemacht haben. Chris Hemsworth ist zwar auch in aller Munde, kann aber genauso wenig zu „Blackhat“ beitragen wie Colin Farrell und Jamie Foxx zu „Miami Vice“ oder Will Smith zu „Ali“. Muskelprotz Hemsworth kauft man weder seine Rolle des Hackers Nick Hathaway ab, noch entsprechen einige Handlungsstränge irgendeiner nachvollziehbaren Logik. Ein inhaftierter Hacker wird mit einer elektronischen Fußfessel in die weite Welt geschickt, um wiederum diejenigen Hacker zu finden, die ein Kernkraftwerk in China in die Luft gesprengt haben. Dass ein IT-Nerd offensichtlich jederzeit Bescheid weiß, wie man Waffen benutzt und Hobby-Kampfsportler sowie eiskalte Auftragsmörder mit links eliminieren kann, wirkt wenig glaubhaft. Dabei wird sichtbar, dass „Blackhat“ zu jeder Zeit von verschiedenen Polen angezogen wird, ohne wirklich Fuß zu fassen.
Die Standardromanze in Actionfilmen ist hier genauso nervend inszeniert, wie ihr Obligatorium an sich. Vollkommen unerhebliche Figuren werden porträtiert, ohne dass man wirklich Bedeutendes über sie erfährt. Die Leistung Manns lag schon immer in der Inszenierung von Action und Spektakel, doch niemals in einer sentimentalen Charakterisierung. Selbst in „Heat“ ist Letzteres nicht der Fall. Es reichen angespannte Muskeln und verzerrte Gesichter, Begeisterung für Kamerafahrten und perfekt organisierte Explosionen. Zugegebenermaßen gibt es auch in „Blackhat“ ein paar wenige überraschende Szenen, die es in sich haben. Sie sind es, die dem ein oder anderen wohl nach Ende des Films haften bleiben, während sich der Rest nach wenigen Stunden im Nichts verflüchtigt.
Die Geschichte des Film ist vom Stuxnet-Fall aus dem Jahr 2010 inspiriert. Ein Fünftel der iranischen Nuklear-Anlagen wurde zerstört, die Verantwortlichen nie identifiziert. Doch Hathaways Rekrutierung wirkt ein wenig so, als würde niemand wissen, was man für Geschosse in den eigenen Reihen hält – trotz der NSA, die aufgrund einer einzigen Szene von der Liste gestrichen werden kann. Denn „Blackhat“ ist insgesamt unspektakuläres Kino, das nach den üblichen Zutaten funktioniert: möglichst viel Action, möglichst anschauliches Filmmaterial auf anamorphen Linsen, ein Fünkchen Erotik, eine Story, der man ohne Probleme auch folgen könnte, wenn man kurz auf die Toilette verschwände und ein übertriebener Einsatz von Dramatik, der nicht wirklich greift, da die Figuren von vorne bis hinten austauschbar sind.
So bleibt „Blackhat“ ein mauer Thriller, der vor ein paar Jahrzehnten der Science-Fiction zugeordnet worden wäre. Dabei ist es sogar löblich, dem durchaus berechtigten Trend zu folgen, Plots mit aktueller Technologie zu füttern, die aufgrund ihres Mangels an Kontrollierbarkeit lebensbedrohliche Auswirkungen mit sich bringen kann. Die Umsetzung von Morgan Davis Foehls Drehbuch profitiert allerdings sehr überschaubar davon; was auch an der recht oberflächlichen Darstellung liegt. Auf einer Reise von Los Angeles bis Jakarta geht es Mann-like zur Sache, doch keiner des Schauspielensembles vermag seiner Rolle etwas Prägendes einhauchen, das zur weiteren Beschäftigung motiviert. Wenn am Ende Parallelen zur Intro-Sequenz gezogen werden, als befänden sich die Protagonisten in einer digitalen Parallelwelt, wirken diese losen Bezüge nicht nur konstruiert, sondern auch ein wenig grotesk.
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