Nach dem großen Erfolg von „Crazy, Stupid, Love“ sind die Erwartungen an das Regie-Duo Glenn Ficarra und John Requa deutlich gewachsen. Das gewitzte Drehbuch enthielt viele Wendungen und die gelungene Mischung aus Romanze und Komödie fand im allgemeinen Anklang – sogar bei Menschen, die sich von Romanzen fernhalten. „Focus“ ist dem Vorgänger zwar nicht ebenbürtig, hat aber dennoch das Prädikat „sehenswert“ verdient. Will Smith als Nicky und Margot Robbie als Jess spielen in den Hauptrollen zwei organisierte Trickbetrüger, die sich ineinander verlieben. Die Romantik erhält ihren Witz erneut durch unberechenbare Wendungen, die vor allem thematisch sehr passend sind, da die Darsteller von einem Coup zum nächsten übergehen und oft unklar bleibt, wer involviert ist.

Die Täuschungen werden dabei durch Aktionen und Dialoge hervorgerufen und nicht durch eine verwirrende Inszenierung. Zu weit gehen sollte man aber nicht, immerhin will „Focus“ auch kein allzu ernster Film sein, wie man es an manchen erheiternden Figuren gut erkennen kann. Der Humor ist stets präsent und entsteht häufig durch Situationskomik. So entpuppt sich ein eigentlich fades Spiel aus Dummheit als präzise durchgeführter Trick, was den Film äußerst interessant und kurzweilig macht. Oft steht Jess’ Unwissenheit im Fokus, an deren Figur man als Zuschauer teilnimmt, weil sie die einzige Basis bildet, der man am ehesten vertrauen kann. Die gut getimten Choreografien erreichen zudem ein authentisches Level und lassen Zweifel aufkommen, dass man als normaler Fußgänger in einer belebten Straße nur die geringste Chance gegen dieses organisierte Verbrechen hätte. So werden Taschen, Uhren und weitere Gegenstände im Handumdrehen geklaut, Kreditkarten für wenige Sekunden zum Bezahlen ausgeliehen und reiche Menschen in suggestive Fallen gelockt, bei denen sie am Ende sogar erfreut Millionen verlieren.

„Focus“ macht jedoch keine Ausnahme von der Regel, dass sich Will Smiths Rollen unheimlich ähnlich sind, auch wenn sie verschiedene Facetten beherbergen. Hier spielt er eine zufriedenstellende Mischung seiner Charaktere aus „Hitch“ und „Sieben Leben“ mit Charme und der Fähigkeit, Mitgefühl beim Zuschauer zu erwecken. Daher funktioniert die Beziehungsebene zu Margot Robbie durchaus, auch wenn sie für die interessanten Parts – vor allem die teilweise spektakulären Tricks – eher nebensächlich bleibt. Auch die restliche Crew besteht aus interessanten Beteiligten: Produziert wurde der Streich von Denise Di Novi, die einige Erfolge mit älteren Tim-Burton-Filmen („Edward mit den Scherenhänden“, „Ed Wood“) verzeichnete, während Nick Urata („Little Miss Sunshine“) den Score komponierte und sich der Mexikaner Xavier Grobet für die intelligente Kameraführung verantwortlich zeigt, der schon mit Ficarra und Requa in deren Debüt „I Love You Phillip Morris“ zusammenarbeite und immer wieder interessante Einstellungen einwirft.

Die Inszenierung lebt von einer kurzweiligen Montage aus Bild und Ton, die sehr häufig versetzt beziehungsweise getrennt ist. Wirklich herausragend ist allerdings die Musikauswahl, die von „White Bird“ von It’s A Beautiful Day über „Sympathy For the Devil“ von den Rolling Stones bis hin zu „Baby Please Don’t Go“ von Them oder „Backatown“ von Trombone Shorty reicht. Der ungewöhnlich häufige und vor allem lange Einsatz von diesen Stücken verleiht dem Konstrukt eine angenehme Leichtigkeit, die der Story angemessen ist. Gleichzeitig werden hierdurch keine Lücken oder Defizite ausgeglichen, wie man es beispielsweise dieses Jahr noch bei „Eden“ feststellen kann. „Focus“ ist daher nichts Besonderes, aber durchaus interessant.

Meinungen

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