Mit „Mad Max 2 – Der Vollstrecker“ entfesselte George Miller nur zwei Jahre nach seinem Erstling ein Fegefeuer am filmischen Horizont, welches seitdem kaum zu lodern aufhörte. Aus dem abermals normalen und letzten Endes von der Leine gelassenen Max ist nun schlichtweg eine Legende geworden. Inzwischen steht er nämlich bereits von Anfang an im Zentrum einer episch-mythischen Sage, weshalb Miller hier auch die Umstände des Settings nacherzählt und einen schnellen Rückblick auf die Tragödie von Max dazu spendiert. Mit dieser pointierten Einleitung als Unterstützung präsentiert sich dennoch ein Film, der in seinem Narrativ, seiner stilistischen Funktion und dem Aufbau seiner inneren Macht geradezu vollkommen eigenständig wirkt. Zwar noch immer überrannt von mörderischen Räudenbanden ist die Landschaft nun komplett neues, offenes und auch gleichzeitig konzentriertes Terrain: desolat, abstrakt, von Grund auf feindselig. Darin verbuddelt liegt eine spärlich zusammengeraufte Sozialität der Postapokalypse, deren Struktur uns Stück für Stück vermittelt wird, wie sie verzweifelt um Hoffnung kämpft. Nur eben Max (jetzt mit Bart und grauen Schläfen), sein Hund und sein Interceptor bieten der Sehnsucht der Anderen zum Wiederaufbau der Menschlichkeit eine Chance.
Doch Max als einsamer, meist schweigsamer Wanderer jenseits von Gut und Böse agiert stattdessen als klassischer Outlaw einer Welt, mit der er eigentlich nichts zu tun haben will. Mit dem Hintergrund des Vergangenen wird die Dimension seiner zurückgezogenen Persönlichkeit natürlich weit sinniger, aber seine Konzentration auf das Wesentliche steht ihm als Anziehungsfaktor der Interessen vonseiten des Zuschauers und der Nebencharaktere außerordentlich gut. Millers Film tut es ihm daher gleich und reduziert seine Zukunftsvision auf eine einzige, intensive Belagerung von Neu-Zivilisierten durch den bunten Höllenschlund bestialischer Fieslinge, angeführt vom Furcht einflößenden Humungus (Kjell Nilsson). Und das Einzige, was alle in solch unsicheren und gesetzlosen Zeiten antreibt, ist das Benzin, welches die Eingekesselten mit letzten Kräften horten. Max ist da in seiner Mentalität – gleichzeitig demütig und schnauzend – nicht anders und wittert eine Chance, sich mit Rohstoffen für seine Maschine abzusichern. Gemäß seiner dennoch verbliebenen Gutmütigkeit begibt er sich dafür aber auch auf eine Gleichstellung mit den unschuldig Bedrängten – auch weil sich unter ihnen ein primitiver, doch ins Herz treffender Bub befindet, der ungefähr so alt ist, wie es Max’ eigener verstorbener Sohn inzwischen sein sollte.
Die ganze Angelegenheit will er unabhängig davon trotzdem schnell über die Bühne bringen. Doch bei seinen Fähigkeiten verwundert es nicht, dass sich das kleine Volk allmählich auf seinen neuen Helden verlässt, es in die Freiheit anzuführen. Da will er sich jedoch gründlich zurückhalten: Der Schatten des Verlustes hängt ihm noch immer hinterher, weshalb er der Wiederholung dessen schleunigst zu entziehen gedenkt. Doch die Gewalt der neuen (Un-)Ordnung in Millers krassem Kosmos holt ihn andauernd wieder ein, wickelt sich um die Leiber und nimmt auch den Zuschauer schweißtreibend in die Mangel. Zum Schweiß gesellen sich das Blut, der Rost, das in alle Himmelsrichtungen zerspringende Metall und Einsacken in Wüstensand – mit einem noch höheren Tempo als zuvor. Es wird ein filmischer Wahnsinn signalisiert, der sich haltlos vor einem aufbaut, einen durchschüttelt, in den Schredder wirft und sich dabei noch selbst zu zerreißen droht, solange die wohl heißeste Action-Maschine auf Zelluloid gebannt werden kann.
Das macht auch keinen Halt vor dem bisschen, was Max als Einziges noch geblieben ist, stößt ihn nochmals in den Abgrund und schießt weitere Löcher in seine gepeinigte Seele. Darauf folgt die brennende Wiederauferstehung: der Weckruf eines wütenden Giganten, der in seiner Rolle des Beschützers Wiedergutmachung leisten, aber vor allem Gerechtigkeit walten lassen will. Was dann auf den Pfaden der Vergeltung und Zerstörung losgetreten wird, spottet jeder Beschreibung, hat aber auf eigene Faust schier unerreichte Maßstäbe des Leinwandrisikos gesetzt. Mad Max wurde endgültig zur Legende – ein bittersüßer Sieg, denn schließlich ist nur ein Tag, nicht die Zukunft gerettet. Aber aus seinem Willen heraus, für die Menschheit und ihrem Funken der Hoffnung zu kämpfen, entsteht eine Ikone im Untergang – für die Überlebenden des Films wie auch für zahllose Trittbrettfahrer des internationalen Kinos. Doch das Feuer in Max selbst war noch längst nicht gestillt.
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