Wer kennt und schämt sich nicht für sie, die Hundefilme? Nur wenige Tiere rufen schneller Reaktionen hervor – für Betreuer des Genres ist es also ein Leichtes, auf charakterliche wie filmische Qualitäten zu verzichten und harmloses Knuddelkino zu bieten. Nicht unbedingt verkehrt als kindliche Unterhaltung mit simpler Moral über Freundschaft und Familie. Regisseur und Drehbuchautor Boaz Yakin aber schafft nach seiner Karriere im Actionfilm einen Eintrag ins unschuldige Genre, der alles andere als unschuldig ist. „Max“ ist nämlich ein leidlich maskierter Propagandafilm, der promilitärische und patriotische Tendenzen für Kinder salonfähig machen möchte. Das ist schon früh abzusehen, da der Titel gebende Kläffer zum Einsatz in Afghanistan als Marinespürhund eingesetzt und wie ein Kamerad gehandelt wird, schließlich aber sein heroisches Herrchen Kyle (Robbie Amell) verliert und folglich mit posttraumatischer Belastungsstörung in die USA zurückkehrt. Dort wird er von seinen Haltern wie selbstverständlich auf das Begräbnis Kyles unter Flaggen begleitet. Und man darf sich sicher sein: Dies bleibt nicht die einzige schamlose Gefühlsmanipulation des Films.

Sein unbeholfen überspitztes Weltbild könnte zwar als naive Anbiederung an die Zielgruppe verbucht werden – da er dieses allerdings problematisch nutzt und nur wenige Schritte vor der inneren Rekrutierung haltmacht, bleibt ein zynischer Nachgeschmack. Im Verlauf zeigt sich nämlich, dass Kyles kleiner Bruder Justin (Josh Wiggins) mit Videospielen und dem ach so schlimmen Raubkopierhandel auf die schiefe Bahn geraten könnte und nur wenig Respekt für das Militär und seinen im Golfkrieg verwundeten Vater Ray (Thomas Haden Church) empfindet. Doch siehe da: Max bellt jeden außer Justin an, den er irgendwie sofort als Bruder seines Freundes wiedererkennt. Und so fängt zunächst widerwillig, doch allmählich, eine Freundschaft an, die genauso austauschbar inszeniert ist, wie es sich anhört. Wenn man sich als anspruchsfreier Zuschauer mit durchgehender Eindimensionalität zufriedengeben kann, wird vielleicht nur das letzte Drittel im Wald die Geduld überziehen. Im Endeffekt kommt es einem fast vor, als ob man gar nichts gesehen hätte, so platt und bieder wirkt alles.

Umso schwerer wiegt die manipulative Ideologie: Mal weht die Unabhängigkeitstagparade mit ihren Flaggen und trumpft mit pathetischen Bläsern auf. Dann salutiert Justin vor dem Grab seines Bruders. Sowieso lässt er sich von seinem Vater vergangene Kriegsgeschichten aus dem Irak erzählen und dass Helden ja stets die Wahrheit sagen. Da darf man auch zum Schluss nicht die sentimentalen Fakten zu Kriegsheldentaten von Hunden in Texttafeln und Fotos vergessen, die zudem ein Denkmal in einer Hundestatur finden. Ganz zu schweigen von Bösewicht Tyler (Luke Kleintank), der sich als zurückgekehrter Kriegsheld ausgibt, aber ein Vaterlandverräter ist, Waffen an die Mexikaner schmuggelt und seinen unliebsamen alten Kollegen Max unbedingt tot sehen will. Dieser Mann klingt nach einer Zeichentrickfigur, wird jedoch mit einer Härte gezeigt, wie sie auch in den Actionszenen und Gefechten gebraucht wird und noch am ehesten das vergangene Werk von Regisseur Yakin verrät.

Größtenteils bewegt sich das natürlich auf kindgerechtem Niveau, und im Grunde könnten die Abenteuer von Justin und Max als stimmige Freundschaft wirken, wenn sie denn nicht im Umkehrschluss für eine mehr oder weniger abstrakte Rettung der amerikanischen Ehre gebraucht würden. Da hilft es nur wenig, dass Justin dick befreundet ist mit Instagram-affinen, hispanischen Nachbarskindern. Schließlich ist Chuy ein Slang speiender Hänfling, bei dem zig Chihuahuas zu Hause wohnen, während dessen Cousine Carmen dazu da ist, Max ein paar Tricks beizubringen, sich unmotiviert in Justin zu verlieben und zu verduften, als das Finale unter Jungs und Gangstern ausgetragen wird. Dies sind genauso Zeichen eines faulen Drehbuchs – bei dem zudem Sheldon Lettich, Veteran von Filmen wie „Rambo III“ und „Geballte Ladung“, mitgewirkt hat – und zeichnen ein ungünstiges Bild für einen im Kern unbedarften Genrefilm, der als Mittel zum zweifelhaften Zweck missbraucht wird und mit seinem Kitsch konservative Weltbilder bekräftigt. „Best Friend. Hero. Marine.“ heißt es auf dem amerikanischen Plakat zum Film. Bleibt nur noch eines hinzuzufügen: „Dogshit.

Meinungen

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