Wie kommt es, dass leidlich bekannte Actionregisseure in letzter Zeit auf das Genre des Hundefilms stoßen? Zuletzt kam Boaz Yakin mit seinem patriotischen „Max“ auf den Hund, nun widmet sich Christian Duguay („The Art of War“, „Scanners II“) dem besten Freund des Menschen. Basierend auf dem Roman „Belle et Sébastien“ von Cécile Aubry, wird in „Sebastian und die Feuerretter“ eine Fortsetzung des Stoffes erdacht, der 2013 mit demselben Ensemble verfilmt wurde. Demnach verwundert es wenig, dass hier mit Mordstempo ins kindgerechte Actionabenteuer gesprungen wird und das charakterliche Spektrum anfangs äußerst funktionell verläuft. Im September 1945 lebt der zehnjährige Waisenjunge Sebastian (Félix Bossuet) mit seinem Großvater César (Tchéky Karyo) in dem Alpendorf Saint Martin. Anstatt die Schulbank zu drücken, vertreibt er sich die Zeit mit der großen, schneeweißen Hündin Belle, die in ihrem Tatendrang teilweise menschliche Züge annimmt, als wäre man in „Bingo – Kuck mal, wer da bellt!“ gelandet – für wahr wird jene tierische Freundschaft schließlich der unterhaltsamste und niedlichste Aspekt des Films. Jedenfalls steht ein großes Ereignis mit der Rückkehr von Quasi-Ersatzmutter Angelina an, die als bewährte Widerstandskämpferin nun zurück in die Heimat fliegt.

Allerdings fängt die Maschine Feuer und stürzt irgendwo an der Grenze zwischen Italien und Frankreich ab, weshalb man aus dem ausgebrannten Flugzeugwrack schließt, dass Angelina ums Leben gekommen sei. César will das nicht wahrhaben – doch für einen schnellen Einsatz vor Ort bleibt ihm nur, den bräsigen Piloten Pierre Marceau (Thierry Neuvic) zu engagieren, der ausgerechnet Sebastians Vater ist, davon aber nichts weiß, weil er dessen Mutter bereits vor der Geburt verlassen hast. Diese Verbindung verheimlicht man zunächst vor ihm – schwer genug wiegt, ihn in seinem Unmut zu überzeugen, die Unfallstelle auszukundschaften. Um dem Ansporn beizuhelfen, schleichen sich Belle und Sebastian an Bord seines Flugzeugs. Von dort aus entwickelt sich eine brenzlige Tour, die nicht nur mit Turbulenzen und flammenden Wäldern zu kämpfen hat, sondern auch die Schwierigkeiten im Aufbau einer verletzten Familienbande behandelt. Duguay scheut sich nicht vor entsprechend effektiver Melodramatik, kommt durch sie aber nie zum Schluss, sein kindliches Publikum zu überfordern. Auch die Action hält zwar genügend Zündstoff bereit, reizt die Spannung aber nur so stark aus, wie man es den Kleinen zumuten kann.

Als erwachsener Zuschauer wünscht man sich jedoch mehr dramaturgisches Gewicht; insbesondere gegen Ende nimmt die Gefahr auf der Suche nach Angelina eine abarbeitende Note ein, die letztendlich nur leicht über den Rand der Sicherheit schaut. Die erheiternden oder sentimentalen Sequenzen hingegen dürften es zwischendurch jedem Alter recht machen, konzentrieren sich besonders auf Freundschaft und fördern das Verständnis zum Gegenüber, ohne dass Duguays Inszenierung auf anbiedernde Töne zurückgreifen müsste. Er hält sich teilweise vielleicht zu kurz mit jenen Aspekten auf, ansonsten geht sein audiovisuelles Talent durchaus mit beachtlichen Aufwand darin auf, dynamische Szenarien voller Tapferkeit und Esprit zu erschaffen, die eine gute Balance zwischen Naturverbundenheit, Realismus, Naivität und Effekt halten können. Wem also nach einem angemessenen Kinderabenteuer zumute ist, das seinen Titelhelden mit Leichtherzigkeit zur Überwindung jener Zweifel der Erwachsenenwelt verhilft, ist hier gut aufgehoben. Hundeliebhaber sind ohnehin herzlich willkommen.

Meinungen

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