Ein wirbelndes Schaffen, welches Stephen Frears seit seinem Beginn als Regisseur errichtete, fand 1985 mit „Mein wunderbarer Waschsalon“ seinen bis dato größten (künstlerischen) Höhepunkt. Die erste Zusammenarbeit mit dem Drehbuchautor Hanif Kureishi war für Frears der finanzielle und weltweite Durchbruch, der ihn vom englischen Fernsehregisseur zum gefeierten Independent- und letztendlich auch Mainstream-Regisseur aufsteigen ließ, der sich 2006 mit „Die Queen“ vollständig etablieren konnte. Bevor Frears jedoch eben jene großen Sprünge machte, zeichnete er sich als Regisseur für die unterdrückten und wenig beachteten Gesellschaftsschichten aus, denen er ein Plädoyer verschaffte.
„Mein wunderbarer Waschsalon“ ist der wahrscheinlich prägnanteste Vertreter aus Frears Œuvre, mit der Thematik, die sich um die Thatcher-Ära und vor allem – dem großartigen Drehbuch sei Dank – um den postkolonialen Diskurs dreht.
Als der junge Pakistani Omar (Gordon Warnecke) die Möglichkeit eines eigenen Waschsalons von seinem Onkel Nessar (Saeed Jaffrey) bekommt, erkennt der ehrgeizige Omar seine Chance und beginnt mit seinem ehemals faschistisch eingestellten Freund Johnny (Daniel Day-Lewis) den Waschsalon aufzubauen. Doch das trügerische Idyll der beiden ist überschattet: von der politischen Problematik, der Ausländerfeindlichkeit und den Gefühlen der handelnden Personen.
Stephen Frears ist wahrlich kein großer Autorenfilmer und auch er selbst bezeichnet sich als „Auftragsregisseur“, der die Ideen seiner Autoren als handwerklich arbeitender Regisseur umsetzt. Aber gerade dieser Umstand lässt seine Arbeiten stets als akribisches und potenziell großartiges Werk erkennen, welches sich durch das handwerkliche Können Frears auszeichnet. Mit dem Autor Hanif Kureishi, dessen Zusammenarbeit sich nach „Mein wunderbarer Waschsalon“ noch auf „Sammy und Rosie tun es“ erweitern wird, gelingt es Frears ein überzeugendes Beispiel der immigrierten Gesellschaft während der Thatcher-Ära zu erstellen, dessen Signifikanz sich als moderates Bild zusammen fügt.
Die Thematik trägt autobiografische Züge des Autoren Kureishi, der 1954 als Sohn eines Pakistani und einer Engländerin geboren wurde und seitdem stets durch ethnische Konflikte sein Jugendleben durchlief. Er selbst empfand seine Abstammung als „Fluch“ und hatte den Wunsch, seine Ethnie auf die eines Engländers zusammenzufügen. Auch Omar in „Mein wunderbarer Waschsalon“ ist als Pakistani eine Minderheit und wird von faschistischen Gruppen diskriminiert und ausgeschlossen. Sein Ehrgeiz allerdings unterscheidet ihn von Verwandten wie seinem Vater, der mit Alkoholproblemen in seiner Wohnung versauert und ohne die Hilfe seines Sohnes nicht leben könnte. Doch Omar ist selbst innerhalb seiner Abstammung und dem familiären Kreis ein Außenseiter. Salim ist der Assistent und vertrauter des erfolgreichen Onkels, doch er führt auch ein hinterhältiges Spiel und verkauft Drogen, die ihm Omar für eigene Zwecke abnimmt. Es entsteht ein emotionaler Clinch zwischen den innerfamiliären Parteien und die kulturelle Disposition erweitert sich auf eine reaktionäre Ebene, innerhalb der eigenen Interessensgruppe.
Der Titel des Films hat eine metaphorisch-analoge Bedeutung für die Essenz des Werkes: Frears verwendet verschiedene Genre-Bestandteile und versetzt sie in Einklang und Gegensatz zu einander. Wie in einer Wäschetrommel werden diese Teile vermischt und ergeben ein klares und bestenfalls vollkommen sauber zu verstehendes Gesamtbild. „Mein wunderbarer Waschsalon“ ist Drama, Komödie, Milieustudie, Kritik und Liebesfilm. Thematisiert werden wirtschaftliche Begebenheiten und sexuelle Orientierungen. Die kulturellen Eigenheiten der Charaktere werden in Bezug zu ihrer politischen Problematik gesetzt, dessen Pranger ganz oben steht: Alles geht auf die Kritik an den Thatcherismus zurück, den Frears auch nicht zu schamvoll ist in jeder Faser seines Filmes zu kokettieren. So aufdringlich der Film mit dieser Thematik spielt, so präsent ist sie zu jeder Zeit. Die Charaktere werfen mit sarkastischen Äußerungen um sich, stellen sich selbst als Opfer in die Riege der Schandtaten Thatchers hin und positionieren sich in ironischer Montur als Verlierer, um nur am Ende nicht zwischen gescheiterten Existenzen, den Verlierern, aber auch den klaren Gewinnern zu unterscheiden. Es wird ein Gemisch aus Buntwäsche, die gefährlich heiß gewaschen wird, aber es dennoch schafft, die weiße Wäsche am Ende nicht zu beschädigen und einen akkuraten Abstand zwischen dem Zuschauer, als wohlmöglicher Zeitzeuge des Thatcherismus, und dem unabhängigen Publikum zu halten.
Der genannte postkoloniale Diskurs beschreibt die Interaktion der Parteien von Kolonialherren (zumeist die britische Bevölkerung) und der Gesellschaften, die durch diese kolonialisiert wurden. In diesem Kontext ist es egal, in welcher Zeitperiode die dargestellte Thematik spielt, so kann sie während der Kolonialisierung durch die Engländer spielen, als auch zeitlich viel weiter hinten, wie zur Thatcher-Zeit, angesiedelt sein. Am Beispiel von „Mein wunderbarer Waschsalon“ fällt der Protagonist Omar unter die Definition der kolonisierten Gesellschaft, der auf den einstigen Kolonialherren England trifft. Dieser Diskurs ist für die Person Kureishi ein oftmals auftretender Bestandteil seiner Werke. Es entsteht eine postkoloniale Kritik, die sich auf den Umgang der Kolonialherren (die Engländer am Beispiel des Extrems der Faschisten) mit den Kolonisierten (den Pakistani) bezieht. Kureishi impliziert damit gleichzeitig auch die homosexuelle Beziehung zwischen dem einstigen Faschisten Johnny mit dem Protagonisten Omar und statuiert ein Exempel: Durch die Beziehung innerhalb dieses Diskurses relativiert Kureishi die Problematik weitgehend, ohne sie zu vergessen.
Denn Johnny ist ab diesem Moment als tolerantes Beispiel der britischen Gesellschaft zu verstehen, der sich von dem rechten Gedankengut distanziert, welches Omars Familie tyrannisiert. Trotz allem denkt Kureishi oft schwarz-weiß, vergisst die dargestellten Faschisten als Individuen zu charakterisieren und lässt sie in seinem Drehbuch nur als die klaren Bösen stehen. Die Vielschichtigkeit offenbart sich nur in den Beziehungen innerhalb Omars Familie. Salim ist ein ambivalenter Charakter, der zwischen der freundschaftlichen Beziehung zur Familie und seinem eigenen Ehrgeiz steckt. Dadurch wird er gleichzeitig zu einem der Antagonisten, weil er sich gegen Omar stellen will, bleibt aber kein Böser, weil er es ist, der ihn maßgeblich unterstützt hat. Ein anderes Beispiel ist Tania, die Tochter des Onkels: Sie macht Omar Avancen, verliebt sich aber auch in Johnny. Sie darf aber aufgrund des Glaubens des Vaters keine Beziehung zu ihm eingehen und muss Omar heiraten. Er selbst ist in seinem Drängen nach Erfolg blind für die Bedürfnisse seiner Mitmenschen. Er missachtet Johnny als seinen Partner und benutzt ihn als ein Mittel zum Zweck. Erst zum Ende wird ihm bewusst, wie wichtig ihm seine Freunde und Verwandten sind. Dann, wenn alles verloren scheint, gehen sowohl Omar als auch Nessar den Menschen entgegen, denen sie am verbundensten sind. Einzig Tania scheint die Verliererin zu sein. Diejenige, die flüchtet und alles hinter sich lässt. Die Einzige, die nicht Bestandteil des Gesamten ist.
Authentizität gewinnt der Film besonders aus seinen großartigen Darstellern. Für Daniel Day-Lewis war dies, genauso wie für Frears, das Sprungbrett für neuere, ambitioniertere Projekte. Nur vier Jahre nach Premiere des Films und zwei nach dem großen öffentlichen Erfolg durch die Beachtung bei den Oscars für das beste Drehbuch, wurde Day-Lewis für seine Darstellung in „Mein linker Fuß“ mit einem Oscar als bester Hauptdarsteller ausgezeichnet. Seitdem ist es ihm als einziger männlicher Schauspieler gelungen drei Oscars als bester Hauptdarsteller zu gewinnen. Day-Lewis spielt den homosexuellen und ehemaligen Faschisten mit einem Einfühlungsvermögen und einer Sensibilität, die jeden anderen agierenden Schauspieler zwangsläufig in den Hintergrund rückt. Voller Leichtfüßigkeit gelingt es ihm die Loyalität, als auch die Verletzlichkeit gegenüber Omar zu vertiefen und die Ambivalenz des Charakters zwischen seiner gebrochenen Vergangenheit und der Liebe zu Omar darzustellen. In Einklang mit Gordon Warnecke, der den Protagonisten Omar spielt, wird die im Drehbuch angesprochene homosexuelle Anziehung deutlich vertieft, als sie nur auf dem Papier wirkt. Day-Lewis spielt besser, als er es in „Mein linker Fuß“ getan hat. Und jedem sollte bekannt sein, was das bedeutet.
Stephen Frears ist, anders als andere Vertreter des „New British Cinema“, nicht so künstlerisch oder unabhängig in seiner Arbeit als Regisseur, allerdings gelingt es ihm sein Handwerk so zu perfektionieren, dass es sich reibungslos einfügt. „Mein wunderbarer Waschsalon“ ist ein sensibler Blick auf die vom Thatcherismus gebeutelten Arbeiterklasse, was besonders dem großartigen Drehbuch von Hanif Kureishi geschuldet ist. Anders als in Ken Loachs „Just a Kiss“ wird die Problematik nicht romantisiert, sondern ohne Umschweife auf den Punkt gebracht, indem der Böse nicht anhand einer verqueren religiösen Einstellung, sondern der politischen Ideologie manifestiert wird. Es wird nicht die fehlende Koexistenz von Glaubensarten als Ausgangspunkt gewählt, wodurch sich eine aufbäumende Brisanz entschärfen lässt, sondern das Denken von Menschen, die so gewählt haben und nicht erzogen wurden. Als soziales Drama funktioniert der Realismus so am Besten.
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