Effektive Komödien verstehen es seit jeher, den Bürger im Kinosaal insofern bei Laune zu halten, indem man der Obrigkeit sowie dem Überheblichen einen vor den Latz knallt; deren Status des Unantastbaren mit entlarvender Menschlichkeit ins Lächerliche zieht. Regisseur David Koepp und sein Hauptdarsteller Johnny Depp scheinen diese Faustregel anhand ihrer Verfilmung des Kyril-Bonfiglioli-Romans „Nimm das Ding da weg!“ zunächst stark verinnerlicht zu haben. Protagonist Charlie Mortdecai verkörpert dabei die Karikatur eines typischen, britischen Lords: Adrett gegelt und schick gekleidet stapft er mit hoher Nase über sein Umfeld; seine egoistische Manierlichkeit erstreckt sich in Posen des Weltgewandten – dazu ein gestriegelter Franz-Josef-Schnurrbart und schon will man kotzen. Letzteres wird dann tatsächlich zum Running Gag des Films, da Mortdecais bärtige Erscheinung vor allem bei seiner Lady Johanna (Gwyneth Paltrow) für Brechreiz sorgt, welchen er nur mit Gegenseitigkeit quittieren kann.

Diese Witzfigur von Adel besitzt zudem äußerst peinliche und unwürdige Eigenschaften eines ausgewachsenen Komödien-Trottels. So beweist er durchweg Tollpatschigkeit und Taktlosigkeit; im Großen und Ganzen: pure Blödheit. Komplettiert wird dies mit unbeholfenen Grimassen und chaotischen Lauten der Verwirrung sowie Empörung. Ein mehr als altbackenes Playboy-Frauenbild und der obligatorische Berg an Schulden setzten dem Esel vollends die Krone auf den Arsch. Regisseur Koepp und Co. pflegen da von Anfang an eine ironische Distanz und versprechen ein ausgelassenes Over-the-Top-Gehabe exzessiver Planlosigkeit. Doch sie erliegen schon bald einer Strenge, die dem unflätigen Volltrottel Abenteuer, Ruhm und Bestätigung bescheren – und uns als Zuschauer ernüchternde Langeweile.

So muss „Mortdecai – Der Teilzeitgauner“, im Auftrag ihrer Majestät, seine Expertise zum Auffinden eines gestohlenen Goya-Gemäldes einsetzen. Da beeindruckt er mit extensivem Fachwissen, entlässt zugunsten dessen allerdings auch einen Großteil an Spielfreude und Spaß. Das Komödiantische muss für eine beliebig-naive Kunstraub-Chose Platz machen, die von gängigen Charakteren des Pulp-Einmaleins bevölkert wird. Der Soundtrack ergibt sich ebenso der spleenigen Eurospy-Lounge, welche sich dem besserwisserischen Gestus Mortdecais willig anpasst und uns folgerichtig abstößt. Im Clinch mit dem alten Bekannten vom MI5, Inspector Martland (Ewan McGregor auf Nulllinie), wird da allerdings gleichsam eine Rivalität des Nebenbuhlers versucht, die jedoch im Vergleich zu Mortdecais Freundschaft mit seinem schlagkräftigen und bumsfreudigen Diener Jock (Paul Bettany) noch harmlos wirkt.

Charlie, die dumme Nuss, setzt seinem Lakaien nämlich immer aus Versehen mit Unfällen zu, die an sich als Erheiterung gedacht sind, aber eher als potenzielle Überbleibsel aus „Johnny English“-Tagen nach hinten losgehen – ehe der Trottel vom Dienst wieder eine erregte Zappeligkeit entgegensetzt. Erzählt werden solche Eskapaden gerne mal mit Voice-over und beliebig eingeschobenen Rückblenden, die zweideutig auf Anarcho machen, jedoch flach wie ein Altherrenwitz daherkommen. Abgesehen von einer geografischen Erfassung per Computeranimation, die Koepp ähnlich wie in seinem „Premium Rush“ anwendet, hat er mit diesem Film auch wirklich nicht mehr als Schenkelklopfer aus der Steinzeit zu bieten. Im Verlauf geht es für Mortdecai nämlich nach Los Angeles und dort warten nicht nur leicht bekleidete Verhältnisse des Sündenpfuhls, sondern auch glatte Nymphomaninnen, bei denen Charlie seine Finger nicht im Zaum halten kann.

Nicht, dass er wirklich den Beischlaf vollziehen kann; da ist er seiner Johanna gegenüber noch eine zu treue Seele. So trickst uns der Film wieder aus, dem eigentlichen Hassobjekt der reichen Knallerbse auf den Leim zu gehen. Es mangelt ohnehin an Akten der so ersehnten Entlarvung. Das Ensemble spielt schlicht einen harmlosen Krimi durch und endet in einer Heist-Finte, die nur Belanglosigkeit im Übermaß hervorbringen kann. Der Film gibt sich mit dem reichen Arschloch zufrieden und ihm recht. Der Einzige, der da noch die Pointe des großen Brechreiz-Running-Gags erfüllen kann, ist der arme, treue, gewissenhafte Jock. Irgendwie frustrierend, wo man doch eigentlich den Deppen auslachen wollte. Als ob die meisten, entbehrlichen Sequenzen ohne (und mit) ihn nicht schon genug Desinteresse erzeugen würden. Passend zum deutschen Untertitel eben doch nur ein Teilzeitspaß.

Meinungen

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