Das Kinojahr neigt sich dem Ende: gerade für kleine Kinder bescheidene 365 Tage. Zwar wurden wir auch 2014 mit einer Unmenge an Animations- und Kinderfilmen überrollt – aber nur wenige hatten den Charme, sowohl Kinder als auch Erwachsene zu verzaubern. Disneys grandioser „Baymax – Riesiges Robowabohu“ darf der Zuschauer hierzulande schließlich erst 2015 auf der großen Leinwand sehen. Und doch, am Ende des Jahres gibt es ihn, den fantastischen Hit für Jung und Alt, der zum Träumen einlädt: Paul Kings „Paddington“! Verwunderlich. So waren die ersten Trailer ein Graus und die Internetgemeinde fing an, den Bären Paddington via Photoshop in ein Horrorposter nach dem anderen einzufügen; so unheimlich sahen einige offizielle Plakate aus.
Doch Überraschungen gibt es immer wieder, vor allem in der bunten Welt des Kinos. Und „Paddington“ ist eine faustdicke. Nach einer eher mäßigen Einleitung mit einigen CGI-Bären findet sich der Bär aus dem tiefsten Peru in London wieder. Genauer gesagt steht er an dem Londoner Bahnhof Paddington und sucht nach einem neuen Zuhause. In Peru kann er nicht bleiben; seine Eltern kamen früh ums Leben und seine Tante ist inzwischen sehr alt. „Geh nach London“, sagte sie, „sei höflich und Dich wird jemand aufnehmen“. Leichter gesagt, als getan. Die Londoner Mitbürger sind weder höflich noch verständnisvoll. Und so ist der kleine Bär, der sich fast ausnahmslos von Orangenmarmelade ernährt, kurz davor aufzugeben. Aber Wunder gibt es auch im verregneten London. So steht auf einmal die Familie Brown vor Paddington und möchte diesen – natürlich nur für eine Nacht – bei sich aufnehmen. Mit diesem Hoffnungsschimmer beginnt auch für den Zuschauer eine unglaublich süße Geschichte.
Der auf der Buchreihe von Michael Bond basierende Film erzählt dabei wenig Neues. Aber tun das Kinderfilme nicht sowieso eher selten? Es geht vielmehr darum, wie etwas erzählt wird. Und „Paddington“ lädt gar zum Staunen ein. Der Film steckt voller wunderbarer Details, die ansonsten eher das Kino des Wes Anderson beherbergt: Wenn die Figuren der Familie Brown anhand eines Puppenhauses vorgestellt werden oder Paddington in die Projektion einer alten 8-mm-Filmvorführung eintaucht. Aber, und das ist das Wichtigste, alle Charaktere im Film werden ausgezeichnet ausgearbeitet und laden dazu ein, dass wir sie ins Herz schließen. Sally Hawkins als Mrs. Brown war noch nie so verführerisch schrullig-charmant wie in diesem Film. Aber auch Mr. Brown (Hugh Bonneville), der Paddington anfangs skeptisch gegenübersteht, sowie die beiden Kinder und die Haushälterin sind allesamt wichtige Charaktere für den Film. Die kleinen Beziehungen und Neckereien untereinander lassen die Browns lebendig und als Familie glaubwürdig erscheinen. Und das müssen sie auch: Denn am Ende muss Paddington natürlich gerettet werden. Die von Nicole Kidman dämonisch verkörperte Zoologin Millicent möchte den titelgebenden Helden der Geschichte nämlich töten und für ihr Museum ausstopfen.
„Paddington“ ist immerzu eine bunte und spaßige Wundertüte von Film. Voller Überraschungen und herzlichen Momenten ist er der beste Film zur Weihnachtszeit – und sollte bloß nicht verpasst werden, nur weil irgendwer einen Bären in „The Shining“ photoshopte.
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Bisherige Meinungen
Es ist unglaublich, was dieser Film an Ideen aufbieten kann – insbesondere, was die Inszenierung angeht, die durchaus den bekannten Heyman-Vibe hat und genau dadurch ins Herz trifft. Lächerlich ist hier beinahe gar nichts. Und wenn, dann nur entsprechend des mal britischen, mal schlicht nur herrlich herzlichen Humors. Nichts weniger als die Überraschung des vergangenen Jahres!