Ein Déjà-vu? Im Kino? Aber wo auch sonst, wenn nicht an einem Ort, der das Alte immer wieder neu reproduziert und mit der Wahrnehmung kokettiert, würfelt und puzzelt. Aus einem Slum in Mumbai kann so schnell eine Favela in Brasilien werden – und aus der drangsalierenden Stakkatofarce Danny Boyles schnell die saubere Maschinerie Stephen Daldrys. Eben jener Daldry, der einen Jungen in der nordenglischen Bergarbeiterregion Durham tanzen („Billy Elliot – I Will Dance“) und einen anderen Jungen in New York City die Terroranschläge auf das World Trade Center und deren Konsequenzen verarbeiten ließ („Extrem laut und unglaublich nah“). Die Kinder sind es auch in „Trash“, die sich überhaupt für eine Erzählung verantwortlich zeigen. Aber weil Daldrys neuestes Moralepos wie eine milde Schwester von Boyles „Slumdog Millionär“ wirkt, ist es um die amerikanische Multikultiproduktion bereits in ihren ersten, gewiss spannenden und doch routinierten Minuten geschehen: Ein Déjà-vu geht nämlich um. Und obwohl das Kino eine Wunderwaffe der Nachahmung ist, darf ein Film des Jahrgangs 2014 nicht wie einer des Jahrgangs 2008 funktionieren. Vor allem nicht, wenn das Original acht Oscars und ziemlich viele Touristen nach Indien geschmuggelt hat.
Im gummiartigen Klon des Briten Daldry geht es in gewissem Maße auch um Geld – das Geld des korrupten Vizepräsidenten des Landes. Zuvorderst handelt „Trash“ jedoch von drei halbwüchsigen Knirpsen (Rickson Tevez, Eduardo Luis und Gabriel Weinstein), die sich einer Brieftasche auf einer der unzähligen Mülldeponien habhaft machen und Stück für Stück erkennen, dass nicht die Pesos in dieser von hohem Wert sind. Also beginnt ein Wettlauf mit der Polizei, die den Minderjährigen und ihrem Fund brutal nachstellt – wir befinden uns schließlich in den brasilianischen Slums. Als Regisseur zeigt Daldry dort zwar mit banaler und zugleich exotischer Eleganz die fragwürdigen Machenschaften, ist sich seiner drei jungen, prägnanten Laiendarsteller aber unsicher genug, den Cast mit namhaften Stars (Martin Sheen, Rooney Mara, Wagner Moura) komplettieren zu müssen. Das Endprodukt leiert sich daher zu einem moralinsauren Heist-Sozialdrama unter lärmenden Hip-Hop-Beats aus, das wieder einmal vom Sieg der Underdogs über das Regime erzählt. Selbst als Déjà-vu reichlich glatt, wenn auch schick verpackt.
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