Jeder von uns steht eines Tages vor der Frage: Wohin soll es in Zukunft gehen, was nimmt man mit und was wird genutzt zur Erfüllung des Traums oder Bewältigung des Alltags? Und vor allem: Wie sieht es mit Freunden, Familie und der großen Liebe aus? Fragen, die so oft gestellt und beantwortet wurden, dass eigentlich alle Wege frei sein müssten. Doch da jede Generation anders tickt, geht es stets von vorne los. Und da erweisen sich Filme mitunter als bessere Ratgeber als manche Erwachsene. Allerdings bieten jene teilweise auch nur alteingesessene Lösungen an, die sich mit Formelhaftigkeit zufriedengeben und versuchen, dies per Style over Substance zu vermitteln. Nicht viel anders geschieht dies in „We Are Your Friends“, dem Debüt von MTV-Schüler Max Joseph, der vor allem audiovisuell die richtige Stimme (irgendwo zwischen Vice und Edgar Wright) für seinen eigentlich austauschbaren Plot findet.

Darin geht es um das aufstrebende DJ-Talent Cole Carter (Zac Efron), der sich mit seiner Clique durch mickrige Auftritte kämpft und in der Immobilienagentur des dubiosen Maklers Paige (Jon Bernthal) malocht, schließlich aber unter die Fittiche von DJ-Ikone James Reed (Wes Bentley) kommt und sich zudem in dessen Muse und Freundin Sophie (Emily Ratajkowski) verliebt. Was sich dramaturgisch nach einer weiteren Aufarbeitung von Musikdramen à la „Beat Street“ und „Step Up“ anhört, geschieht genauso. Zunächst werden die Bemühungen des Protagonisten beim Eintritt in die Szene gezeigt, wobei vor allem Spaß und Hoffnungen aufsteigen, sobald auch noch ein Mentor zugegen ist. Gerade hier beweist Joseph eine außerordentliche Frische, spielt mit der rhythmischen Euphorie der im Mittelpunkt stehenden Elektromusik und montiert den Beat zu energiegeladenen Bildern mit einem Anstrich von reeller Ruppigkeit. Sprich: Sex, drugs and lots of fucks.

Es wird dermaßen intensiv gefeiert und ein genüsslicher Lebensstil verfolgt, dass auch die Einnahme von Drogen zu einem Überschwall filmischer Ausgelassenheit führt – Zeichentrick inklusive. Joseph überrascht zudem mit ungehemmten Stilistiken der Pop Art und knackt filmisches Regelwerk, indem er kurzweilig kreative Gedankengänge vermittelt. Das bedeutet vor allem reichlich irre Texttafeln und Schnittbilder innerhalb des Wesens unseres Discjockeys. Übertreibung ist da zu erwarten und wird gerne aufreizend entgegengenommen. Auf die ganze Romantisierung folgt aber auch die Pflichterfüllung: Es kommen die ersten Erfolge, die Distanz zu alten Freunden, die geheime Liebe, der Streit mit dem Boss, jemand stirbt – und ein Comeback darf auch nicht fehlen. All dies schleppt sich ein wenig zu sehr am Bekannten entlang, versucht sich mit musikalischen Montagen voranzutreiben und beweist zumindest einen gewissen Respekt vor den Figuren, macht sie aber nie ganz dreidimensional.

Schlimmer noch: Beobachtungen der Charaktere werden in unnatürlich präzisen Stichwortsätzen abgearbeitet. Die alten Hasen wettern gegen die Perspektivenlosigkeit der Millennials; als Künstler muss man seine eigene Stimme finden; Leuten ihr Geld zu stehlen, ist falsch: Alles über dem Verfallsdatum und als Konflikt nur halb gar unterhaltend, obwohl einige charakterliche Eigenschaften nicht dem Konsens nacheifern. Eine gewisse Strecke legt man so oder so als Zuschauer zurück, bis die Ekstase zum individuellen Glück geschieht, welche zu guter Letzt inszenatorisch packt und mit Güte sowie Knalleffekt alles am Film so kongenial verpackt, dass der Nachschlag per Voice-over komplett überflüssig wird. Insgesamt zeigt sich aber dennoch ein solider Film auf dem Weg zum Erwachsensein, der zwar mehr der Inspiration nacheifert, als sie zu besitzen, aber in seinen besten Momenten Coles Frage an seine Generation „Are we ever gonna get better than this?“ mit einem starken Ja beantwortet.

Meinungen

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