Der unter anderem auf dem Fantasy Filmfest vertretene „A Field in England“ ist die fünfte Regiearbeit des britischen Regisseurs Ben Wheatley. Als frisches Aushängeschild des neuen britischen Films gehandelt, gelang es ihm bereits mit „Kill List“ und „Sightseers“ die Aufmerksamkeit des Filmfests zu gewinnen und vertreten zu sein. Mit „A Field in England“ begeht Wheatley vollkommen neues Terrain, indem er sein Spektrum neu akzentuiert und erweitert. So entfaltet er ein wirres Szenario über England, den Krieg und die Menschen an sich. Fern von normativen Engen entwirft das britische Wunderkind ein alternatives Bild des Engländers und jenen, die verwickelt sind in die Machenschaften des damaligen Empires. Passend zu seinen beiden vorherigen Regiearbeiten ist auch dieses Werk eine Dekonstruktion bekannter Narrationen und Themen.

Mitten im englischen Bürgerkrieg 1648 trifft sich zufällig eine Gruppe von Deserteuren, die sich, von Whitehead (Reece Shearsmith) angeführt, auf die Suche nach dem Zauberer und Alchemisten O’Neil (Michael Smiley) machen und ihn anschließend festnehmen. Als ihnen dies gelingt, beginnt O’Neil jedoch den Spieß umzudrehen und missbraucht die Gruppe für seine Zwecke mithilfe von halluzinogenen Pilzen, die sie in Paranoia fallen lässt. Mitten auf einem großen Feld, unweit des zuvor noch bekannten Schlachtfeldes, müssen die Deserteure jetzt nach einem Schatz suchen.

Heroisches Handeln ist hier nicht zu finden: Weder die Soldaten, die vor den Augen ihrer Befehlshaber desertieren, noch Loyalität zählt in den Rauen des Krieges. Damit zerspringt das vorgefertigte Bild des heroischen Handelns während der Kriege. Keine Heldentaten seitens der Protagonisten und auch keine vorgetäuschte Akzeptanz der Situation. Überlebenswille ist da, doch der Wille zu Handeln ist zu klein. Die Figuren erscheinen als Pamphlet, als ausufernder Schrei um gegen die Dinge anzukämpfen, die sie bestimmen. Doch selbst der Wille des Films ist nur der Aufdruck eines Tuns: Fern einer überzeugenden Umsetzung verlieren sich schließlich alle Darstellungsmodi im tiefen Nichts.

Obwohl der Film sich weder an räumliche Grenzen hält, noch seine Charaktere einengt, suggeriert „A Field in England“ ein kammerspielartiges Novum. Die Weite des im Titel angedeuteten Feldes ist groß, doch gleichzeitig begrenzen sich Aktionen und Interaktionen nur auf dieses Feld, welches letztendlich dafür sorgt, dass die Entwicklung des Filmes stagniert. Ben Wheatley hat mit der scheinbaren Absicht gedreht, Geschichte Geschichte sein zu lassen – denn trotz der neuartigen Herangehensweise ist „A Field in England“ zwar durch seine Ambitionen interessant, aber als Produkt einseitig. Während Kameramann Laurie Rose mit imposanten Bildern die psychedelischen und expressionistischen Ideen umsetzt, ist die im Hintergrund agierende Grundessenz eine reine Arthouse-Farce. Übertrieben künstlerischer Anspruch trifft auf die notgedrungene Dünne des Inhalts, die sich dem Low-Budget anpassen muss, um so vermehrt durch optische Schauwerte zu überzeugen.

Um die bewusstseinserweiternden Substanzen in Einklang mit der nebulös geratenen Situation zu bringen, werden die Charaktere weder Identifikationsfiguren noch primär hervortretend. Zwar ist der suggestive Darstellungsmodus überaus überzeugend in seiner technischen Raffinesse, aber sinnbildlich nur der Mantel des Gesamtkonzeptes, der alles andere überschattet. Primär interessante Personen wie O’Neil oder Whitehead verkommen zu sekundären Veranschaulichungen offensichtlicher Monotonie. Der Konflikt beider Charaktere ist eine Randbemerkung, die durch verkrampfte Unsicherheit nicht klar positioniert werden kann und so zwar durch ein visuelles Konzept dargestellt, aber nicht übertragen wird.

Wheatleys konzeptloses Herumwüten hat aber auch etwas Subversives: In Akzeptanz mit dem Medium Film beschränkt sich der Regisseur nicht auf ein klares Genre. Besonders auffallend ist das wilde Umherspringen von Genre zu Genre. Schon in seinem bekanntesten Spielfilm „Kill List“ wechselte Wheatley überzeugend von Drama zu Thriller, um schließlich den Film als Horrorfilm enden zu lassen. In „A Field in England“ scheint der Eindruck eines Kriegsfilms vorzuherrschen. Während lautes Getöse, Trommelschläge und Marsch-Rhythmen im Hintergrund spielen, laufen schreiende Männer über ein Feld. Mit mittelalterlichen Waffen ausgerüstet, befördert „A Field in England“ uns schlagartig in die Bürgerkriegszeit Englands.

Mit steigender Laufzeit kommen zudem Horrorexzesse und britischer Humor hinzu, während der Film weiterhin klar durch ein experimentelles und teils avantgardistisches Bild geprägt wird. Als Experimentalfilm etabliert sich „A Field in England“ am ehesten. In einer Szene wird ein Mensch aus dem Nichts hervorgeholt, während einzig die Kamera das Geschehen wiedergibt. Laurie Rose überträgt durch Nahaufnahmen und Kamerafahrten den Eindruck der beschleunigten Bewegung. Zusammen mit der Einnahme von Pilzen, die die Schatzsuche gewährleisten, und der unbekannten Kraftdarstellung durch O’Neil, bestimmen rein optische Reize den Film. Das lässt fast die restlichen Schwächen vergessen, wären diese nicht so aufdrängend.

Zwischen Lynch und Jodorowsky überschätzt sich Wheatley selbst. Nach seinen interessanten letzten beiden Werken will er mit seinem neuesten Film alles übertreffen: mit einer ausufernden Erzählweise, die sich vollkommen verliert und fernen Charakteren, die da sind, aber kaum auffallen. Mit seinem sehr geringen Budget gelang es Wheatley dennoch einen interessanten Film zu meistern, der zwar insgesamt scheitert, aber gute Ansatzpunkte hat. Das edle Schwarz-Weiß, die grandiose Kameraführung und der psychedelische Trip, dem man gewillt sein muss zu folgen, heben „A Field in England“ auf ein durchschnittliches Niveau.

Meinungen

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