Luigi Cozzis „Die Abenteuer des Herkules, 2. Teil“ erweitert unseren Rückblick auf das berüchtigte Werk der Cannon Films – denn nicht umsonst hieß es auf jeder ihrer Videokassetten: „We’re Cannon Films and we’re dynamite!“
Über Luigi Cozzis Nachfolgewerk vom Helden griechischer Sage, „Die Abenteuer des Herkules, 2. Teil“, liegen schon früh einige einschränkende Stigmata. Zum einen ist das Budget deutlich kleiner ausgefallen als beim Vorgänger (!) und so muss Cozzi sich des Öfteren mit günstigen Video-Effekten zufriedengeben, anstatt auf halbwegs geschickte Matte-Paintings und Bluescreen-Kompositionen innerhalb echten Zelluloids setzen zu können. Da kommt reichlich visuelle Befremdlichkeit zum ohnehin schon kunterbunten Kosmos-&-Mythos-Baukasten dazu. Zudem scheint die Produktion der Fortsetzung hastig nachbestellt worden zu sein, weshalb verhältnismäßig wenig Szenarien erdacht, in den Actionszenen gestreckt und meist innerhalb leicht erhältlicher Kulissen mickrig umgesetzt werden mussten. Selbst Pino Donnagios Score wurde weitgehend recycled. Folglich bleibt der psychedelische Wahnsinn vom ersten Teil anfangs auf der Strecke – sicherlich auch, weil einem diese bereits etablierte Welt jetzt nicht mehr so neuartig vorkommt. Hauptdarsteller Lou Ferrigno scheint ebenso begrenzt erhältlich gewesen zu sein und um das Maximum an seinen Auftritten herausholen zu können, musste man offenbar auch vermehrt Takes einsetzen, in denen sein fehlendes Talent weit deutlicher als zuvor heraus scheint. Doch keine Sorge, sein bubenhafter Charme ist immer noch ab und an zugegen.
All dies hemmt ein gutes Stück weit den erfrischenden Einschlag des Vorgängers und setzt ihm teilweise mit hemdsärmeliger Trägheit zu. Jedoch sollte man nicht glauben, dass Cozzi deswegen seine Vision der Neuinterpretation antiker Mythen geändert hat. Stattdessen verfolgt sein Chaos solch ein konsequentes System, dass er die Entstehungsgeschichte des Universums wieder (!) neu erfindet und nun den Mond auf die Erde zurasen lässt, nachdem einige Götter Zeus verraten und seine sieben mächtigen Donnerkeile in die Welt verteilt haben, um die Alleinherrscher über das Weltall zu werden. Aus jenem Grund erweckt dieser nochmals Herkules (Lou Ferrigno) aus den Sternen heraus und schickt ihn auf die Erde, um die sieben begehrten Insignien aus den Körpern verschiedener Monster und verwunschener Orte zu requirieren. Dabei wird er von den zwei Waldschönheiten Urania und Glaucia unterstützt, wobei erstere Kontakt zu zwei kleinen Zwillings-Geistern hält, die ihr fantastische Hilfsmittel und Ratschläge geben. Zudem werden diese anhand eines rot schimmernden Dopplungseffektes dargestellt, bei dem nur noch schematisch menschliche Konturen zu erkennen sind. Auf der Gegenseite setzen die Bösen derweil die Wiedererweckung von König Minos (William Berger) um, der schon im ersten Teil die Obermacht anstrebte und hier mithilfe eines neuen Eisschwertes noch übermenschlichere Kräfte einsetzen kann – Laseraugen inklusive.
Aber auch sonst tummelt sich so manch urige Kreatur auf der Erde herum: Groteske Menschenaffen; Schleim-Zombies; ein Teufel in Ritterrüstung, umringt von aufgehängten Seelenpuppen; die gute alte Stop-Motion-Medusa und blutrünstige Amazonen. Alle machen es unserem muskulösen Hünen schwer – ganz zu schweigen vom blauen Feuergott, der alle paar Nächte erscheint und Frauenopfer verätzt, bis Herkules seinen Lichtfesseln dank knalliger Faustschläge den Garaus macht. Wenigstens lauern unter Wasser nur friedliche Nixen, die unser Halbgott mit magischen Kiemen-Pillen zu Fuß besuchen kann. Richtig schick ist auch die interdimensionale Echo-Kammer, in welcher sich jede Bewegung wiederholen und parallelisieren kann, soweit es die Produktionskasse zulässt. Man merkt schon: Cozzi lässt sich nicht unterkriegen. Und je näher es auf das dramatisch-esoterische Finale zwischen den Sternenbildern zugeht, desto eher erhöht sich die freimütige Durchtriebenheit filmischer und vor allem eskapistischer Grenzenüberschreitung. Thematisch ist weiterhin das ultimative Duell zwischen gut und böse angesetzt – und auch wenn Minos als Vertreter des Bösen Chaos und Wissenschaft gleichzeitig herrschen lassen will (?), hat Cozzis wilde Lust aufs unbedarfte, regelbiegende Spektakel doch schon längst die Herzen erobert.
Da erlaubt er sich nicht nur eine klobige finale Zeichentricksequenz, um sympathische Anspielungen an King Kong und Godzilla zu probieren, sondern packt zur Rettung des Planeten noch eine Tragik aus, die selbst bei der mittelprächtigen Oberfläche des Films effektiv durchscheint und letztendlich sogar mit süßer galaktischer Poesie quittiert wird. Derartig Ehrlich-Kindliches traut sich beinahe keiner mehr – selbst für die damalige Zeit war die Geschichte eine unbeholfene Angelegenheit. Doch die ehrliche Ambition dieses Werks, mag sie noch so naiv gewesen sein, hat bis heute überlebt.
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