Ein Planet unterschiedlichster Kulturen und Konflikte vereint gegen das unbekannte Böse, einen Hass aus entfernten Galaxien: Das war 1996 das Motto von Roland Emmerichs „Independence Day“, der auf der Leinwand in nie da gewesenen Dimensionen die Erde sprengte und eine Union formte, während im wahren Leben Rassenunruhen, Golf- und Jugoslawienkriegen ihre Spuren hinterließen. Der Optimismus im Feuerwerk internationaler Bezwingung läutete aber sogleich eine Ära des Kinos ein, die bis heute ein Desaster nach dem anderen aufeinanderstapelt, um die Spannung menschlicher Bewältigung zu schöpfen, obgleich sie daran auch abzustumpfen droht. Emmerich selbst ist zudem verstärkt als Wiederkäuer seiner selbst hervorgetreten – und nirgendwo lässt sich dies bezeichnender als in der Fortsetzung „Independence Day: Wiederkehr“ feststellen. So einfallslos der Titel scheint, ist reichlich vom Originalmaterial geblieben, sogar oben genannter Grundgedanke, der jedoch derart platt ausformuliert wird, dass ihn keiner verfehlen dürfte. Ebenso wird mit Schauwerten umgegangen, die mit noch gigantischeren Raumschiffen um die Blockbuster-Sättigung buhlen und dafür sogar Elemente geistiger Nachfolger aufgreifen, die innerhalb von zwanzig Jahren als Erfolgsformel zementiert wurden.

Wenn Astronauten auf ihrer Mondmission kreuz und quer an Geröll vorbeifliegen, macht sich „Armageddon“ bemerkbar, und „Transformers 4“, als Schanghai durch ein Gravitationsfeld vom Erdboden hochgezogen wird – Emmerichs neue Definition der Vereinigung ist gewiss nicht unschuldig und in ihrer Steigerung ohnehin aberwitzig. Er übernimmt sich in der Zusammenkunft seiner Charaktere mit solch Sprunghaftigkeit, dass man in dramaturgischer Hinsicht von mangelnder Geduld sprechen kann – oder von einer inszenatorischen Verwandtschaft mit Klaus Lemke. So sind nicht nur Überlebende aus Teil eins wieder mit von der Partie, nein, auch eine neue Generation kann es nicht erwarten, E.T. in den Arsch zu treten. Zu Ex-Präsident Whitmore (Bill Pullman), Analytiker David Levinson (Jeff Goldblum) und dessen Papa Julius (Judd Hirsch) gesellen sich also Whitmore-Tochter Patricia (Maika Monroe), die Kampfpiloten Jake (Liam Hemsworth) und Dylan (Jessie T. Usher als Will-Smith-Ersatz) oder auch Psychologin Catherine Marceau (Charlotte Gainsbourg!).

Damit sind noch längst nicht alle handelnden Parteien genannt, doch obwohl sie für eine Laufzeit von knapp zwei Stunden Freiraum für eine gewisse Nachvollziehbarkeit bräuchten, senden sie ausschließlich einsilbige Signale, Visagen und natürlich One-Liner, die selbst mit noch so leichter Schlagfertigkeit nicht den Eindruck schmälern, dass die Dialoge quasi nur aus Exposition bestehen. Für Freunde des gepflegten Honk-Faktors regnet also eine seltene Sternschnuppe die Leinwand herunter, an der ungeniert Flachwitze und Grinsegesten im Angesicht totaler Vernichtung angewendet werden. Und nicht nur nostalgische 90s Kids erkennen den Unterschied zur Ironiefabrik Marvel, wenn ein Emmerich seine im Kriegskitsch romantisierten Dumpfbacken ausstellt, die ihren Bad-Ass-Pathos von selbst lächerlich machen, ohne es zu merken. Mit jener Qualität an Käse lässt sich dennoch nicht unterminieren, wie beiläufig das Massensterben via CGI nun hingenommen wird und dass nicht einmal zwei Jahrzehnte später jedes emotionale Gewicht fehlt, wenn knapp ein Drittel der Erde in fünf Minuten ausgelöscht wird.

Kritisches Hinterfragen ist nicht Emmerichs Stärke, doch er führt uns vor, wie weit die Empathie in jenem Rahmen des Unterhaltungskinos zurückgegangen ist und wie simpel er Nähe zu erschaffen versucht, indem er sich auf kleinste Einzelschicksale konzentriert, ein neugeborenes Baby oder einen Kutter inmitten der Apokalypse. Im Desaster-Genre ist jene Methodik nicht neu, doch macht sie noch weniger aus, wenn das massive Figurennetz jedes Herz wie eine Alienexplosion überschattet. Wohlgemerkt ist aber auch von Vornherein klar, dass Emmerich keine tieferen Ambitionen hegt und zumindest ehrlich bleibt, wenn er die Kennzeichen eines Sommer-Eventstreifens genauestens einfängt. Als nette Beigabe entwirft er zudem ein Fantasie-2016, das entgegen der Realität gar utopische Fortschritte gemacht hat. Der Verweis auf die Kraft des Eskapismus ist dem Filmemacher gewiss kein fremder Begriff, und mit solch einer Vorbildfunktion stattet er das Gros seines B-Movie-Stereotypen-Ensembles aus. In jener Naivität, Dramatik und in plumpen Greenscreen-Sets abgekurbeltes Blabla in maximale 3D-Action münden zu lassen, geht der Film durchaus auf.

Es bleibt durchweg ein Tummelplatz für hitzköpfige Helden und solche, die es sein wollen; ein Spielplatz mit Alienknarren und Präsidenten, die sich hinters Cockpit klemmen. Und da darf auch jeder einmal ran: alt, jung, Amerikaner, Chinesen, Schwarz, Weiß, Mann, Frau, Arbeiter, Verbrecher. Schöner wäre es aber, wenn sich der Multisieg nicht von Megaeffekten und fix identifizierbaren Genre-Merkmalen sowie Verweisen auf Teil eins („Es passiert wieder“, gefühlt dreihundert Mal) hetzen lassen müsste. So jedoch hat man an Retorten-Gefühlen zu knabbern, die ihre Motivation auf unnatürliche Weise deklarieren und die Schere zur Parodie schlagen. Man möchte Letzteres auch glauben, wenn die erste Angriffswelle auf die Alienkönigin quasi wie eine Befruchtung konzipiert ist, trotz aller Gefahr Zeit zur Rettung des einen Hundes bleibt oder das schier unfassbare Ende betrachtet. Doch man merkt Emmerich an, dass er dem Enthusiasmus in seiner Verkettung von Mensch und Katastrophe nachgehen möchte. Wenn er doch bloß wieder einen stimmigen Film machen könnte …

Meinungen

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