Halbzeit des Epos „Star Wars“ – vorangeschritten, emanzipiert, neuartig. Nachdem George Lucas mit „Krieg der Sterne“ sein Sujet begonnen hat, führt er es ebenso epochal weiter. „Das Imperium schlägt zurück“; in allen Belangen gleichermaßen erregend neu, wie auch substanziell regungslos, präsentiert sich die Geschichte der Ausreißer und Widersacher nun auf seinem Höhepunkt. Mit einem sinnvollen Wechsel des Regisseurs ergeben sich neue Möglichkeiten, obgleich Lucas im Hintergrund seine Maschinerie nicht als Selbstläufer vor sich hin gedeihen lässt. Irvine Kershner als neuer Regisseur, nach seinem Ausflug ins „Star Wars“-Universum redundant in Vergessenheit geraten, gelingt ein Höhepunkt der Geschichte. Mit einem narrativen Spektrum weitläufiger und in seiner Figurenentwicklung punktgenau auf dem Nenner gelandet, den das Franchise braucht, um seine Charaktere als die Ikonen zu positionieren, die sie sein sollen.
Die Geschichte des als Bauernjungen gestarteten, zum Auserwählten ernannten und als (bis zu diesem Zeitpunkt) Rebellenführer endenden Jedi-Anwärter Luke Skywalker hat seinen heroischen Werdegang wie aus dem Lehrbuch gemeistert. Die Fazilität jener Lebenslaufanlage wird dem gerecht, was sie sein soll: nicht mehr als ein Heldenepos, frei von narrativen Ausflüchten und Verrenkungen. Simpel, geradlinig, beinahe stümperhaft folgen wir Luke Skywalkers Entwicklung zum imperialen Schrecken. Mark Hamills Milchbubengesicht schlägt stets die Brücke zum unschuldigen Kumpel, dem introvertierten, aber nicht uninteressanten Jungen von nebenan, den jeder irgendwie mag. Er bleibt die Identifikationsfigur, distanziert sich allerdings auch aus dem Trio Leia, Han und Luke. Es ist eine, der Entwicklung von Charakter und Story folgende Notwendigkeit, um zu dem zu gelangen, was in „Rückkehr der Jedi-Ritter“ endet.
Man findet sich in Trostlosigkeit und Einsamkeit wieder. Ob der Eisplanet Hoth, das sumpfige Dagobah-System oder die undefinierbare Wolkenstadt – nirgendwo ist ein Zuhause für die treibenden Charaktere, ruhelos und ungestüm, genauso wie es ihre Situation verlangt. Denn für eine Rast ist keine Zeit, in Anblick mit dem Bösen, das es zu bekämpfen gilt. Stattdessen stehen diese Orte für Entwicklung und Fortschritt. Konfrontation und Einsicht erfolgen stets an Orten, die eine Selbstdekonstruktion voraussetzt und dem Neuanfang frönt. In Dagobah trifft Luke auf Yoda und muss sich von Anfang neu definieren, um sich zu entwickeln. Jedi zu sein bedeutete schon immer mehr als ein bloßer Krieger. Auch wenn es keinen Jedi-Orden gibt, so wie wir ihn aus den Prequel-Filmen kennen, evoziert sich dennoch eine konstitutive Gemeinschaft, ein Zugehörigkeitsgefühl, dessen soziale Komponente ein relevanter Bestandteil der Philosophie der Jedis ist. Alte Lasten zu vergessen und Neues anzunehmen, ist Voraussetzung zur Macht.
Seinen größten Vorteil bezieht „Das Imperium schlägt zurück“ aus seiner Epik und gleichzeitigen Ruhe. Alles wirkt größer, majestätischer, wichtiger, aber hat auch einen Ruhepol, der die Entwicklung erklärt. Gerade jene Trainingseinheiten mit Yoda suggerieren die selbstreferenziellen Kleinigkeiten innerhalb der Trilogie. Unaufgeregt bekommt man Erklärungen der Macht, des Jedi-Sein und der Kohärenz des Imperiums und dessen Vorgeschichte. Coming of Age im Mantel der epochalen Entwicklung, ein Kribbeln von undefinierbarem Ursprung, das Wissen bei etwas Großem dabei zu sein, macht die zentralen Ursprünge so einzigartig. Denn eigentlich beobachtet man nur einen Knaben dabei, wie er zum Helden wird – eine ausbuchstabierte, wenig interessante Ausgangssituation. Doch im Mantel seiner Extravaganz und Einzigartigkeit wird Luke zum Vorreiter des jungen Helden und Vorbilds.
Naivität war stets Bestandteil dieser galaktischen Reise. Aber Naivität im Sinne von blinder Selbstüberschätzung und vergessener Selbstreflexion war es nie. Vielmehr freche Jugendlichkeit, die überstürzt, aber nicht dumm in Handlungen verstrickt wird. Ihre Liebe und ihr Zusammenhalt halten sie von einer dysfunktionalen Adoleszenz fern. Luke, Leia und Han sind Helden, wie sie sein sollen. Mit Fehlern, aber Herzen auf dem rechten Fleck. Beeinflusst von ihrer Umwelt geben sie ihre Werte an Publikum und Galaxis weiter, ganz so, wie es von ihnen erwartet wird. „Das Imperium schlägt zurück“ hat im Hinblick seines legendären Finales einen besonderen Stellenwert in der Rezeption, da hier ein zusammenhängender Kampf ausgetragen wird, sich aber in einem persönlichen Finale bündelt. In vielerlei Hinsicht ist dies ein emanzipierter und erziehender, Werte übermittelnder Film.
Der Weg zur letzten großen Schlacht ist geebnet. Luke und die Rebellen können ausholen, zum finalen Schlag, das Ende, nach dem Finale von „Das Imperium schlägt zurück“ verspricht, in einem Epos zu starten und gleichermaßen zu enden. Doch bevor das Imperium zerschlagen werden kann, liegt ein Weg der Selbsterkennung und Akzeptanz vor jedem. Aber irgendwann findet der Held seinen Nemesis.
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