Basierend auf einer wahren Geschichte, einem Rolling-Stone-Artikel als Vorlage und in Kapiteln chronologisiert, während ein Voice-over das Prozedere zusammenführt: Todd Phillips’ Waffenhändler-Saga „War Dogs“ hat gewiss reichlich Potenzial, in gewöhnlicher Weise auf den Zuschauer einzureden, wie die Politik der Bush-Ära zu moralischer Dürre und einer dubiosen Kriegserklärung führte, durch die zwei Twentysomethings zu vergänglichem Ruhm aufstreben konnten. „The Wolf of Wall Street“ und „The Big Short“ hatten die Methodik zum Porträt eines selbstzerstörerischen Wirtschaftssektors jüngst mehr oder weniger erfolgreich vorgemacht, drum darf man der Reiteration durchaus skeptisch gegenüberstehen. Doch obwohl sich der dramaturgische Verlauf im Grunde an durchaus gängigen Strukturen abarbeitet, steckt der Teufel eben im Detail, in Figuren vom Schlage des Phillips’schen Schaffens, die ihren Status der Selbstverständlichkeit genüsslich rücksichtslos gegen die Wand fahren. Nach der „Hangover“-Trilogie nimmt der Humor im Angesicht globaler Mechanismen eine kleine Auszeit, zwingt aber dennoch die Art Typen auf, die mit selbstgefälligen Eiern den Amerikaner raushängen lassen und sich dort bereichern, wo am schnellsten Kohle zu machen ist.
Efraim Diveroli (Jonah Hill) schneidet sich so durchs junge Leben, idolisiert wie jeder DVD-Player-besitzende Teen „Scarface“ (ohne sich ans Ende zu erinnern) und liebt das Spiel mit dem Image, die Verarsche von Anderen auf der Leiter zum Erfolg, präsentiert ein Ego des Umgarnens und Betrugs. Damit macht er erst recht Eindruck bei ebenbürtigen Spielern, um als „Lord of War“ das pervertierte Business des Krieges zu kröpfen. An diesem Kotzbrocken weiß Phillips in pointierten Sequenzen einen fies lachenden Antagonisten zu zeichnen, auch wenn seine Schauwerte der Schamlosigkeit in der Steigerung kontinuierlich unterhalten, schließlich zieht er unseren Protagonisten David Packouz (Miles Teller) aus der Tiefe der Erfolgslosigkeit in noch brachialere Höllen hinein. Der kommt anfangs schwer als Masseur und Bettlakenverkäufer über die Runden, wie er auch eine eigens für den Film (schwach) konstruierte Motivation in der Liebe zu Freundin Iz erhält, ihr etwas bieten zu wollen, weshalb er trotz kritischer Meinung zum Golfkrieg in die Geschäfte seines ehemaligen Highschool-Kumpels einsteigt. Mit Knarren hantieren, den Boss markieren und in Miami auf Kosten anderer den amerikanischen Traum leben: Die Verführung setzt ihr aufgegeiltes Gesicht auf, allzu exemplarisch in einer Generation an Bros umgesetzt, die an der Bong nuckelnd im Wilden Westen des Internets aufsteigt, wohlgemerkt daran profitiert, dass die Regierung zur überstürzten Kriegsführung gerne billig und willig Waffen einkauft.
Bei solch einem Zynismus kommt auch David nicht ohne Lügen aus und lässt die Schlinge um seinen Hals stetig enger ziehen. Der Film zieht zumindest entschieden die Lehre vom Zerfall in der Ausbeutung, was genannter „Wolf“ in seiner Ambivalenz aus den Augen zu verlieren drohte. Wo dort auch der Hedonismus beinahe bestätigt wurde, schafft Phillips klare Verhältnisse, wenn Diveroli immer bissiger ums Knarrengeschäft schnackt, dafür sogar mit Partner David in Krisengebiete reist, in Afghanistan Todesgefahren durchlebt und in der ehemaligen Sowjetunion steinalte Munition zum Weiterverkauf neu verpackt; als ob alles ein Klacks wäre. Die Probleme bleiben jedoch stets an David hängen, der zu Hause einen schlechten Stand findet, vor Ort im Depot aber auch dem Mangel an Legalität ausgeliefert ist, während Diveroli goldene AK-47 an der Bürowand hängen hat, seinem Bro eine ebenso vergoldete Granate mit der Aufschrift „The World is Yours“ schenkt, gemeinsame Verträge über Anteile aber eher locker nimmt. Mit solchen Eindrücken des passiv-aggressiven Konflikts sind zwei Stunden Laufzeit überraschend schnell rum. Zudem zeigen sie einen einigermaßen aufschlussreichen Querschnitt vom industriellen Knarrenkapitalismus auf, in dem Geschäfte mit international gesuchten Hintermännern gebilligt werden, Messen die neuesten Designs des Tötens feierlich ausstellen und sich stets um die seriöse Form bemüht wird, dass ja kein Blut an den Händen zu erkennen ist.
Nach Vergangenheit sieht das nicht aus, am politischen Statement übt Phillips aber kaum enorm überhöhte Knalleffekte à la „Pain & Gain“, wie er am Beispiel Diverolis allein dessen Abgeklärtheit als kritischen Fokus anwendet, ein lupenreines Arschloch herauskristallisiert, wie es Darsteller Hill in seiner bisher fettigsten Form punktgenau durchsetzt. Passend dazu deckt sich die Freundschaft zwischen David und ihm auch mit einem Arsenal an Evergreens auf dem Soundtrack ein, die in ihrer Auswahl so verwurzelt mit der US-Mentalität scheinen, dass keinerlei Zweifel am ungehaltenen Selbstbewusstsein der Beiden besteht, welches ihnen wohlweislich zum Verhängnis werden dürfte. Wie sich bereits aus der Prämisse folgern lässt, ist die Moral von der Geschicht’ ein absehbares Finale – in der Verankerung zur Wahrheit zwar relevant, aber filmisch wie gesellschaftlich im Grunde Gewohnheitssache, auch wenn jene Bezüge für Entsetzen sorgen müssten, insbesondere mit Blick zum Epilog. Gut also, dass die zentralen Persönlichkeiten hier eine Nähe an ihrem Eigenleben erlauben, mit der sich Sachverhalt und Zeitgeist haarscharf definieren lassen; der Kult um Waffen, Erfolg und amerikanischer Überlegenheit seine bittere Quittung erhält.
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