Vorsicht: lieblicher, kuschliger Zuckerwattenfetisch voraus! Es geht um zwei Bären, zudem noch um zwei kleine Bären, winzig kleine, flauschige Grizzlybären mit Namen (ja, sie haben Namen) Amber und Scout in ihrem ersten Lebensjahr, welche die Gebirgsketten und Küsten Alaskas in tapsig-unförmigen Schritten mit ihrer Mutter Sky erkunden. Dazu führt John C. Reilly (eigentlich ja ebenso ein typisch bäriger Zeitgenosse) als göttlich-wissender Narrator – manchmal auch als Bär selbst – mit kitschigsten Sätze von der Drehbuchstange (ein Autor wird im Abspann als Warnung für Kommendes leider nicht genannt) durch diesen drolligen Dokumentarfilm der Marke Disneynature, die als unabhängiges Segment der Walt Disney Studios seit ihrer Gründung im Jahr 2008 stetig bezirzende, familientaugliche Standardnaturunterhaltung bot (und immer irgendeinen sprechenden Schauspieler von Meryl Streep über Pierce Brosnan in petto hatte).

Alastair Fothergills und Keith Scholeys „Bären“ (nach „Schimpansen“ von 2012 wieder ein Produkt aus der Reihe: Titel, die wir uns durchaus merken können) ist natürlich gleichfalls kein kritisches Werk Werner Herzogs, sondern ein absonderlich süß planschendes Ungeheuer, ein Monstrum des dokumentarischen Tierfilm-Einmaleins für jeden von Sechs bis mindestens Achtzig. Und auch noch viel zu niedlich, um ihn eben nicht zu mögen, obwohl man leidlich etwas über Bären lernt. Aber doch irgendwie genug, um gewiss minimalen informativen Gehalt zu besitzen – sei es nur, dass die Sache mit dem Lachs und dem Fang dessen halt nicht allzu leicht ist. Daneben präsentieren wuchtig-spektakuläre Landschaftsgemälde die Reise der Bären aus den Muttermilchzitzen hinaus in unendliche Graswiesen und launige Wetterumschwünge. Anthropomorphismus inklusive.

Unter fidelen Klängen von Ken-Loach-Dauerkollaborateur George Fenton fingiert Fothergills und Scholeys Werbezusammenschnitt über die bärische Qual des Fressens und Gefressenwerdens (die Alpha-Rivalen tragen hier die illustren Namen Magnus und Chinook) vielmehr als in dokumentarisch-realistischen in womöglich fiktiven Gefilden, welche sich in ihrem freilich manipulativen Element noch mehr zurücknehmen könnten. Trotz alledem sehen wir manchmal direkt durch die Leben dieser Bären und ihres fortwährenden Kampfes um den einen Happen Fleisch, der sie vielleicht über den Winter bringt. Und ein großer genügsamer Spaß ist es ohnehin, auch John C. Reilly sei dank.

Meinungen

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