Ein Foto ist etwas Beständiges, ein festes Kunstwerk, welches nicht mehr verändert kann. Es hält einen bestimmten Augenblick fest und kann noch nach Jahren Erinnerungen hervorrufen. Ein Foto aus dem Jahr 1955 ist weltberühmt geworden. Es zeigt einen jungen Mann am Times Square, Zigarette im Mund, den Mantelkragen hochgeschlagen, um sich gegen Wind und Kälte zu schützen. Aufgenommen von dem damaligen Zeitungsfotografen Dennis Stock, zeigt das Bild den damals 24-jährigen James Dean. Dean stand zu dieser Zeit am Anfang seiner kurzen Karriere und hatte gerade „Jenseits von Eden“ abgedreht. Es ist ausgerechnet Anton Corbijn, der sich der Geschichte um die Entstehung des Fotos angenommen hat. Corbijn hat einst selbst als Fotograf von Musikern wie U2, Bono oder den Rolling Stones angefangen. Durch seine Bilder haben die Bands auch Berühmtheit erlangt. Seinerseits liefert er nun einen Film über einen Fotografen und sein „Opfer“. Erzählt aus der Perspektive hinter der Linse, ist das Biopic „Life“ stets nah dran an seinen beiden Hauptfiguren.

Auf einer Hollywoodparty lernen sich James Dean (Dane DeHaan) und Dennis Stock  (Robert Pattinson) kennen. Beide sind sich schnell einig, das sie Glanz und Glamour nicht leiden können, es aber Bestandteil ihrer Arbeit ist. Stock ist sofort fasziniert von dem jungen Ausnahmetalent und hofft, durch ihn seine eigene Karriere voranzutreiben. Fortan versucht er einen Fototermin zu organisieren, stößt dabei aber zunehmend an seine Grenzen. Die exzentrische Einstellung Deans bringt den talentierten Jung-Fotografen an den nervlichen Zusammenbruch. Hartnäckige Bemühungen, der Verzicht auf soziale Verpflichtungen und die Gefahr den Job zu verlieren, führen beide Männer letztlich auf eine Reise zu Deans Familie nach Texas. Hier entstehen erste wirklich gute Fotos, die später mit in die Fotostrecke über den Schauspieler einfließen werden.

„Life“ ist Anton Corbijns vierter Spielfilm und erweckt den Eindruck eines großen Fotoalbums. Es beleuchtet sowohl das Leben James Deans als auch Dennis Stocks und stellt beide Männer abwechselnd in den Vordergrund. Schön ist dabei der Wandel, den vor allem die Figur des Fotografen durchläuft. Der Mann kämpft sich von Auftrag zu Auftrag, um endlich einen Karrieresprung schaffen zu können. Dabei ist er ein miserabler Vater und gefangen in seiner eigenen Hartnäckigkeit und Verbissenheit. Ausgerechnet die Reise an Deans Geburtstort, quasi an den Ursprung, ist der Ort, an dem sich Stock zu entwickeln beginnt. Hier begreift er, dass er sich selbst finden und für sich selbst entscheiden muss, was wirklich wichtig ist: seine Karriere oder seine Familie. Während er Deans Aufstieg klar vor sich sieht, ist er der Künstler, der sich finden muss. Corbijn zeigt dies in glasklaren Bildern, fängt die damalige Zeit perfekt ein und arbeitet mit viel Liebe zum Detail.

Bei der Wahl seiner Schauspieler beweist er ebenso ein gutes Händchen. Zwar zweifeln viele immer noch an den schauspielerischen Qualitäten von Robert Pattinson, trotz zweier Filme mit Regisseur David Cronenberg. Er beweist als Dennis Stock allerdings eine ausgesprochen überzeugende Darstellung und findet in Dane DeHaan einen guten Gegenpart. DeHaan hat sich nicht nur Deans prägnante Stimmlage angeeignet, er zeigt ihn auch als einen gelangweilten, latenten jungen Mann, der genau weiß, welchen Status er in Hollywood schon erreicht hat und was er sich erlauben kann. Man merkt, wie sehr Anton Corbijn mit seinem Handwerk verwachsen ist. Ob Film oder Fotografie: Er lebt für beides und kann beides auch sehr gut zusammenführen. So entsteht ein ruhiges, interessantes und optisch ansprechendes Drama über die lose Freundschaft zweier Männer, die unterschiedlicher nicht sein könnten. „Life“ ist die Geschichte eines Fotos, durch das zwei Männer berühmt wurden. Leider konnte James Dean den Wert dessen nicht mehr schätzen lernen, da er sieben Monate später verstarb.

Meinungen

Teile uns deine Meinung zu „Life“ mit. Die Angabe eines Namens, einer korrekten E-Mail-Adresse sowie der Kommentartext sind verpflichtend. Alle Meinungen werden moderiert.

Kinostart: 16.02.2017

Elle

Paul Verhoeven kehrt zum Wechselspiel der Moral in der humanistischen Rücksichtslosigkeit zurück.

Kinostart: 08.12.2016

Right Now, Wrong Then

Hong Sang-soo parodiert die Macht der Wahrnehmung, indem er sie egoistisch nacherzählt.

Kinostart: 01.12.2016

Die Hände meiner Mutter

Florian Eichinger blickt realitätsbewusst auf die Anatomie und Konsequenzen des Missbrauchs.

Kinostart: 17.11.2016

Amerikanisches Idyll

Ewan McGregors Regiedebüt bemüht nur ein vages und moralinsaures Porträt einer Radikalisierung.

Mr. Long

Sabu, Japan (2017)

Zerbrochene Leben und einstürzende Neubauten: In seiner neunten Berlinale-Teilnahme schickt Sabu Rindersuppen in den Wettbewerb.

Wilde Maus

Josef Hader, Österreich (2017)

Selbstmord durch gefrorenes Wasser: Josef Haders Debüt als Regisseur ist ein harmloser Film über Kommunikation und Schnee.

Occidental

Neïl Beloufa, Frankreich (2017)

Italiener trinken keine Cola! Neïl Beloufa verzettelt sich in seinem chaotisch-absurden Kammerspiel-Debüt.

Tiger Girl

Jakob Lass, Deutschland (2017)

Freiheit durch Reduktion: Jakob Lass’ dritter Langfilm zeigt erneut befreites, deutsches Kino basierend auf einem Skelettbuch.