Das Jahrzehnt der achtziger Jahre ist vielen Filmfreunden bis zum heutigen Tage als besonders reizvoll in Erinnerung geblieben und hält trotz allem stetig neue Überraschungen bereit, die aus der vormaligen Unbekanntheit heraus zu neuen Ehren kommen. Stellvertretend für diese Ära und jenes immerwährende Gefühl der Überraschung in der Begegnung mit ihr thront die einstige Produktionsfirma Cannon Films und ihr äußerst wilder Katalog an Kino-Wunderlichkeiten. Unter der Ägide der israelischen Filmenthusiasten Menahem Golan und Yoram Globus entstand so eine facettenreiche Palette vom internationalen Format, die mit kleinen Budgets, doch in großen Mengen, alles anbot, wofür sich Scham und Anerkennung zur Kasse haben bitten lassen. Ob nun amerikanische Ninjas im urbanen Zeitgeist umhersprangen, Märchen vom Breakdance erzählt wurden, Außerirdische mit Sex die Seelen aussaugten, Stars wie Sylvester Stallone sowie Chuck Norris das Amerika Ronald Reagans verteidigten oder exzentrische Autorenfilmer ihre Werke jenseits des Mainstreams mit voller Unterstützung umsetzen wollten: Cannon war für alle gleichzeitig da und suchte im beständigen Output des eigenen Exzesses Kasse und Kredibilität. Doch je höher man hinaus wollte, desto höher wurde das Risiko.

Das Glück war nicht auf der Seite von Golan und Globus, sobald sie ihre größten Projekte stemmten und am Publikum scheiterten. Dieses durchschaute nunmal auch den teils schludrigen Charakter des Studios und seiner eskapistischen Projekte, welche zudem spekulativen Kulturverständnissen entstammten und kaum die nötige Qualität vorzeigen konnten, die mit den Größen Hollywoods mitzuhalten imstande war. Die Pleite hielt den Spaß leider auf, doch das Geschaffene bleibt und begeistert weiterhin als Beispiel unkonventioneller wie verrückter Schaffenslust. Aus diesem Grund haben auch wir einen kleinen Querschnitt durch das Werk der Cannon Films gewagt und allzu bezeichnende Schönheiten gefunden, die mit bunt geschmückter Naivität zum Extrem ihrer Schaffenszeit geworden sind und so frei beglücken, wie es nicht mal die Hälfte aller aktuellen Kinostarts schafft. Die sind halt alle zu verklemmt geworden – in unserer Retrospektive dürfte aber genug Elan aufscheinen, um ein weiteres Jahrzehnt an freimütiger Allzwecklaune entfachen zu können. Drum nutzt die hier geschilderten Eindrücke weise, liebe Leser, und bereichert Euch am goldenen Schatz der letzten großen B-Movies.

Überblick

Kritik

American Fighter

Sam Firstenberg, USA (1985)

Soldaten gegen Ninjas: Sam Firstenbergs Genre-Spielplatz powert die Gerechtigkeit im Dschungelkommando zusammen.

Kritik

Breakin’

Joel Silberg, USA (1984)

Tanzspießer aufgepasst: Der Stil der Straße dringt mit unbedarftem Spaß ins Establishment der Filmwelt ein.

Kritik

Breakin’ 2 – Electric Boogaloo

Sam Firstenberg, USA (1984)

Das große Ausflippen: Sam Firstenberg zersiebt das Hirn des Zuschauers mit atemloser Tanzeuphorie.

Kritik

Delta Force

Menahem Golan, USA (1986)

Militärmärchen à la Cannon: Menahem Golan verteidigt Israel anhand reaktionärer Superhelden gegen den Terror des Islams.

Kritik

Die Abenteuer des Herkules, 2. Teil

Luigi Cozzi, Italien (1985)

Der Muskelprotz kehrt zurück: Luigi Cozzis kreativer Wahn hat kein Problem damit, ein noch kleineres Budget aufzustemmen.

Kritik

Die City Cobra

George P. Cosmatos, USA (1986)

Ein Supercop räumt auf: Sylvester Stallone und Co. bringen unfreiwilligen Witz zur indiskutablen Selbstjustiz-Exploitation mit.

Dokumentation

Electric Boogaloo

Mark Hartley, Australien (2014)

Over the Top: Mark Hartleys Requiem für Cannon Films als eine „Erfolgsgeschichte“ der cineastischen Sucht.

Kritik

Express in die Hölle

Andrei Kontschalowski, USA (1985)

Freiheit im Leiden: Andrei Kontschalowskis rasante Flucht ins Eis bringt die Essenz des Menschseins zum Brodeln.

Kritik

Herkules

Luigi Cozzi, USA (1983)

Der Muskelprotz aus dem All: Die Neuinterpretation vom Halbgott-Helden erliegt dem Zauber unbedingter Schaffensfreude.

Kritik

Invasion U.S.A.

Joseph Zito, USA (1985)

Der Eigensinn des Actionkinos: Unter Joseph Zito manifestiert sich Chuck Norris zur omnipräsenten Schusskraft des Guten.

Kritik

Invasion vom Mars

Tobe Hooper, USA (1986)

Die Paranoia der Veränderung: Tobe Hooper bestätigt kindisches Wunschdenken zugunsten eines unterschwelligen Coming of Age.

Kritik

Lifeforce – Die tödliche Bedrohung

Tobe Hooper, Großbritannien (1985)

Außerirdische Blutlust: Tobe Hooper entfesselt den schaurigen Wahn in einer explosiven Obsession der Körper.

Kritik

Love Streams

John Cassavetes, USA (1984)

Ein Abschlusswerk als Lebenselixier: John Cassavetes befähigt die Wege der Liebe mit aufrichtiger Selbstverständlichkeit.

Kritik

Masters of the Universe

Gary Goddard, USA (1987)

Den He-Man gibt’s echt: Gary Goddard versucht sich am Spektakel im „billigsten“ Blockbuster-Abenteuer der achtziger Jahre.

Kritik

Night Hunter

Sam Firstenberg, USA (1986)

Der einfache Reiz der Gerechtigkeit: Das Jungskino um Michael Dudikoff und Steve James entzückt im Kampf gegen Neonazis.

Kritik

Over the Top

Menahem Golan, USA (1987)

Mein Daddy schlägt sie alle: Menahem Golan triumphiert in den Emotionen des unbedingten Durchschlagens.

Kritik

Shy People – Bedrohliches Schweigen

Andrei Kontschalowski, USA (1987)

Sümpfe der Verdrängung: Andrei Kontschalowski erhitzt das schwierige Treffen der Ideologien im dunklen Herzen Amerikas.

Kritik

The Texas Chainsaw Massacre 2

Tobe Hooper, USA (1986)

The Buzz is back! Tobe Hoopers Rückkehr zum Blutgericht eröffnet einen satirischen Höllenschlund.

Meinungen

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Kinostart: 14.09.2017

Mr. Long

In seiner neunten Berlinale-Teilnahme schickt Sabu Rindersuppen in den Wettbewerb.

Kinostart: 27.07.2017

Django

Étienne Comars Debüt eröffnet mit einem Porträt über Django Reinhardt die 67. Berlinale.

Kinostart: 06.04.2017

Tiger Girl

Jakob Lass’ dritter Langfilm zeigt erneut befreites, deutsches Kino basierend auf einem Skelettbuch.

Kinostart: 09.03.2017

Wilde Maus

Josef Haders Debüt als Regisseur ist ein harmloser Film über Kommunikation und Schnee.

Mr. Long

Sabu, Japan (2017)

Zerbrochene Leben und einstürzende Neubauten: In seiner neunten Berlinale-Teilnahme schickt Sabu Rindersuppen in den Wettbewerb.

Wilde Maus

Josef Hader, Österreich (2017)

Selbstmord durch gefrorenes Wasser: Josef Haders Debüt als Regisseur ist ein harmloser Film über Kommunikation und Schnee.

Occidental

Neïl Beloufa, Frankreich (2017)

Italiener trinken keine Cola! Neïl Beloufa verzettelt sich in seinem chaotisch-absurden Kammerspiel-Debüt.

Tiger Girl

Jakob Lass, Deutschland (2017)

Freiheit durch Reduktion: Jakob Lass’ dritter Langfilm zeigt erneut befreites, deutsches Kino basierend auf einem Skelettbuch.