Der Frühling hat offiziell begonnen – doch irgendwie ist er sich noch nicht einig, wie er uns begegnet. Wechselhaftes Wetter wie auch stürmische Emotionen tauchen in scheinbar reiner Willkür auf, schmeicheln ein und stoßen ab. Es ist wie alles im Leben ein ständiges Auf und Ab – nun eingebettet in die temporär veräußerlichte Natur einer allgegenwärtigen Ungewissheit, die den gesamten Globus betrifft. Deshalb neigt man wohl auch immer am ersten Tag dieses Monats zum Scherzen und Verballhornen: eine Geste gegen die vergangenen und kommenden Verhältnisse, die im Glück wie auch im Pech am Menschen nagen. Genauso möchte man sich dem auch im Kino entziehen, fremde Welten jenseits des komplexen Alltags aufsuchen oder nach Rat fragen. Jedenfalls tobt aber auch dort ein Knäuel aufgestauter Gefühle und kommt einem dabei gefährlich nahe.

Die Filme im April

Weil wir Euch werte Leser aber nicht unbewaffnet in die Lichtspielhäuser schicken wollen, geben wir ein paar spezielle Exemplare der Filmkunst an, die sich auf der Leinwand tummeln. Fünf Empfehlungen sortiert nach Starttermin sollen den Weg weisen, wo der menschliche Geist am meisten wirken darf – ob er nun nach Zerstreuung, Provokation, Schuld, Sühne oder nur nach guter Musik sucht. Nichts davon biedert sich an Gewöhnlichkeit an, wie schon der April an sich recht gewöhnungsbedürftig daher kommt. Es bringt aber auch nichts, sich davor zu verstecken. Und sowieso: Wer will auch schon im April hängen bleiben?

Fast & Furious 7

Kinostart: 1. April. Regie: James Wan.

Szene aus „Fast & Furious 7“ © Universal Pictures International Germany GmbH

Szene aus „Fast & Furious 7“ © Universal Pictures International Germany GmbH

In James Wans „Fast & Furious 7“ lebt eine Pop-Realität, in der Autos beinahe wahrhaftig fliegen können – ein joviales Spektakel, das sich Stück für Stück steigert und in jedem Szenario die Großmacht der Kinetik eskalieren lässt. Dabei sind natürlich auch Computer im Einsatz, doch der Nervenkitzel echter Stunts ist hier im Fundament verankert und strahlt mit der Fülle bekannter Charaktere. Dass man an ihren Konflikten dran bleibt, ist ja eine Selbstverständlichkeit jeder guten Serie. Hier bleiben sie jedoch nicht in ihren Rollen fixiert, sondern lassen das Tier frei, rasen im Dienste der US-Regierung durch mehrere Kontinente und begeistern uns mit immer neuen Einfällen der „automobilen Kriegsführung“. Von dieser Höhe aus kann es nur noch ins Weltall gehen – aber auch ins Herz des Genre-Liebhabers.

Electric Boogaloo

DVD-Start: 21. April. Regie: Mark Hartley.

Szene aus „Electric Boogaloo“ © Ascot Elite Home Entertainment

Szene aus „Electric Boogaloo“ © Ascot Elite Home Entertainment

Wäre Menahem Golan 2014 nicht verstorben, würde er sich noch immer ans Filmemachen drängeln. Und auch wenn das von ihm mitbegründete Cannon-Imperium zerschellte, bleibt immer noch das Erbe, die Faszination und das Pathos zum unbeholfenen Underdog kompromissloser Schaffensfreude. Vieles davon sieht rückblickend nicht gerade schön aus, mag weder politisch korrekt noch überhaupt künstlerisch taktvoll sein. Jedoch hallt dieses Echo ausgelebter Naivität nicht nur sehnsüchtig nach, es packt einen immer noch mit festem Gebrüll an den Eiern und schleudert diese mit rotzigem Tempo durch. Mark Hartley geht mit seinem Dokumentarfilm „Electric Boogaloo“ aufs Ganze, hält keine Distanz und beschränkt sich nicht auf Relevanz. Das Triviale ist hier fundamental, selbst im atemlosen Scheitern. Cannon lebte in seiner Größe einmal – aber einmal reicht für die Ewigkeit.

A Girl Walks Home Alone At Night

Kinostart: 23. April. Regie: Ana Lily Amirpour.

Szene aus „A Girl Walks Home Alone At Night“ © Capelight/Koch Media/Central

Szene aus „A Girl Walks Home Alone At Night“ © Capelight/Koch Media/Central

Ana Lily Amirpour lässt in der stilistisch veräußerlichten Einsamkeit ihres Debüts „A Girl Walks Home Alone At Night“ Töne des Westerns anklingen, die ein Gerechtigkeitsgefühl suggerieren, welches mit den Handlungen des Vampir-Mädels eine gewisse Erfüllung finden könnte. Hilfe kommt in Bad City nun mal einfach zu spät und der natürliche Durst nach Opfern muss gestillt werden wie das Feuerzeug am Heroinlöffel. Wie aber geht die Liebe damit um? Wie viel stärker wird das Stakkato der Finsternis, das immer weiter in die Desorientierung führt? Die Lösung erscheint letzten Endes bitter und naiv zugleich, doch in diesem verblendenden Schlusspunkt überlebt zumindest der Wille zum Abwegigen und zur Nacht der endlosen Möglichkeiten – mit Vollgas zusammen in die undefinierte Zukunft hinein. Sich freizumachen bockt nun mal auch bei kleinem Budget, aber mit großer Schaffenslust.

Mülheim – Texas: Helge Schneider hier und dort

Kinostart: 23. April. Regie: Andrea Roggon.

Szene aus „Mülheim - Texas. Helge Schneider hier und dort“ © Piffl Medien GmbH

Szene aus „Mülheim – Texas. Helge Schneider hier und dort“ © Piffl Medien GmbH

Regisseurin Andrea Roggon zeigt in ihrem Debüt-Werk, dem biografischen Dokumentarfilm „Mülheim – Texas: Helge Schneider hier und dort“, vor allem ein formvollendetes Grundverständnis für den Künstler an sich. Natürlich eignet sich Protagonist und Multitalent Helge Schneider als reizvolles Subjekt verschiedener Qualitäten: Seit Jahrzehnten auf den Bühnen, Platten und Leinwänden dieser Welt unterwegs, ist der profilierte Querulant geradezu prädestiniert für eine genauere Durchsuchung jenseits des Showcharakters. Roggon versucht jedoch nicht, eine Erklärung für all diese Kreativität herauszukitzeln; den Performer aus Mülheim an der Ruhr gar als Vehikel für eine forcierte Dramaturgie zu dekonstruieren. Vielmehr passt sie sich seinem Tempo und seinen Launen an, lässt ihn sich selbst sein und hält anachronistische Abwechslung.

The Voices

Kinostart: 30. April. Regie: Marjane Satrapi.

Szene aus „The Voices“ © Ascot Elite Filmverleih GmbH

Szene aus „The Voices“ © Ascot Elite Filmverleih GmbH

Jerry Hickfang (Ryan Reynolds) hört Stimmen. Zunächst die seines Katers, Mr. Whiskers. Aber auch die seines Hundes, Bosco. Nun agiert Jerry Hickfang in Marjane Satrapis „The Voices“ entgegen des psychopathischen Scheins jedoch nicht wie ein Mann, der leichthin töten oder gar mit Baumarktswerkzeug Frauenleiber zerstückeln und deren Gedärme in Tupperdosen abpacken könnte. Irgendwo muss der Krux schließlich sein. Und bei Marjane Satrapi liegt jener in der Groteske, in einer komödiantischen Dramaturgie aus Gore, Trash und Melancholie, im realitätsfernen Zuckerguss zwischen Kuhkaffmief und industrieller Völlerei. Soweit Satrapi den Marotten von Michael R. Perrys Drehbuch akut nachsetzt, wühlt ihr Film in einer beinahe schon dekonstruktiven Satire unter den Avancen eines schon hölzern gewordenen Genres, in dem es genug Altes gibt, um daraus amüsierendes Kalkül zu stricken.

Weitere Starts im April

Ebenso in den hiesigen Lichtspielhäusern laufen an: „Every Thing Will Be Fine“, „Best Exotic Marigold Hotel 2“ und „Mara und der Feuerbringer“ am 2. April; „Elser“,  „The F-Word – Von wegen gute Freunde!“ und „Warte, bis es dunkel wird“ am 9.; „A Blast – Ausbruch“, „Das Glück an meiner Seite“, „Nur eine Stunde Ruhe“ und „Run All Night“ am 16. April; „Avengers: Age of Ultron“, „Big Eyes“ und „Ex Machina“ am 23. sowie „Eden“, „Die Gärtnerin von Versailles“, „Tinkerbell und die Legende vom Nimmerbiest“ und „Kein Ort ohne dich“ am 30. April.

Für alle, die sich ihre Hintern lieber oder vorrangig auf der heimischen Couch platt drücken, gibt es: „The Unforgiven“ ab 2., „Paddington“ ab 4. April, „Das Salz der Erde“ und „The Zero Theorem“ ab 9., „Blue Ruin“ ab 14. April, „Magic in the Moonlight“, „The Drop – Bargeld“ und „Who am I – Kein System ist sicher“ ab 16., „The Homesman“ ab 17. und „Electric Boogaloo“ ab 21., „Der Hobbit: Die Schlacht der fünf Heere“ und „Escape from Tomorrow“ ab 23., „Die Legende der Prinzessin Kaguya“, „Einer nach dem Anderen“, „Höhere Gewalt“ und „The Guest“ ab 24. April, „Mr. Turner“ ab 28. sowie „#Zeitgeist“ und  „The Cut“ ab 30. April.

Meinungen

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Kinostart: 14.09.2017

Mr. Long

In seiner neunten Berlinale-Teilnahme schickt Sabu Rindersuppen in den Wettbewerb.

Kinostart: 27.07.2017

Django

Étienne Comars Debüt eröffnet mit einem Porträt über Django Reinhardt die 67. Berlinale.

Kinostart: 06.04.2017

Tiger Girl

Jakob Lass’ dritter Langfilm zeigt erneut befreites, deutsches Kino basierend auf einem Skelettbuch.

Kinostart: 09.03.2017

Wilde Maus

Josef Haders Debüt als Regisseur ist ein harmloser Film über Kommunikation und Schnee.

Mr. Long

Sabu, Japan (2017)

Zerbrochene Leben und einstürzende Neubauten: In seiner neunten Berlinale-Teilnahme schickt Sabu Rindersuppen in den Wettbewerb.

Wilde Maus

Josef Hader, Österreich (2017)

Selbstmord durch gefrorenes Wasser: Josef Haders Debüt als Regisseur ist ein harmloser Film über Kommunikation und Schnee.

Occidental

Neïl Beloufa, Frankreich (2017)

Italiener trinken keine Cola! Neïl Beloufa verzettelt sich in seinem chaotisch-absurden Kammerspiel-Debüt.

Tiger Girl

Jakob Lass, Deutschland (2017)

Freiheit durch Reduktion: Jakob Lass’ dritter Langfilm zeigt erneut befreites, deutsches Kino basierend auf einem Skelettbuch.