Côte d’Azur, Palmen, sandfarbene Strände, Jachten inklusive nackter Leiber, gesprenkelter Schirme, Cocktails und ohnehin zuzüglich all des süßen Lebens. Davon werden wir vermutlich nichts sehen, aber vermutlich mehr von: Filmen, die jeder begehrt zu sehen! Wir werden sie leben, uns an ihnen reiben, für sie warten, in ihnen versinken, für sie klatschen und vielleicht für sie schreien. Doch obwohl die Internationalen Filmfestspiele von Cannes am 14. Mai mit Olivier Dahans „Grace of Monaco“ ihre Tore öffnen mögen, wird es dennoch erst am Tag darauf heikel, wenn der Wettbewerb summend, munter, sonnig strahlend beginnt. Und sich die folgenden unzähligen Stunden lediglich nur noch um die wichtigste Nebensache der Welt drehen. Nämlich um Filme! Wer hätte das wohl geahnt? Strand inklusive.
Überblick
Adieu au langage
Jean-Luc Godard, Schweiz (2014)
Das Gegenteil von Altersmilde: Jean-Luc Godard lässt die Mittel des Kinos Amok laufen – ein Abschiedsbrief an die Lesbarkeit.
Alleluia
Fabrice Du Welz, Belgien (2014)
Sucht nach Liebe: Fabrice Du Welz kreiert die Erweckung des Wahnsinns als Mittel zur Abkehr der Finsternis.
Amour fou
Jessica Hausner, Österreich (2014)
Möchten Sie nicht mit mir sterben? Im Kerker des Heinrich von Kleists wirkt nur noch der Freitod erstrebenswert entrückt.
Bande de filles
Céline Sciamma, Frankreich (2014)
Nieder mit den Mätzchen! Wen interessieren die Konventionen? Céline Sciamma beendet eine Trilogie, die nur Sieger kennt.
Bird People
Pascale Ferran, Frankreich (2014)
Herz aus Vögeln: Die Angst vor dem Neuen sitzt nicht nur bei Pascale Ferran tief. Aber sie weiß sich auch zu befreien.
Cold in July
Jim Mickle, USA (2014)
Blutgericht in Texas: Ein spannender Southern noir über den Tod im Affekt mit Michael C. Hall in der Hauptrolle.
Coming Home
Yimou Zhang, China (2014)
Stille und Stillstand: Eine Frau sieht ihren Mann in Zhang Yimous Melodram nicht mehr. Aber die Liebe umso klarer.
Das Salz der Erde
Juliano Ribeiro Salgado, Brasilien (2014)
Reise ins Herz der Finsternis: Ein filmischer Bildband über einen Eroberer. Wim Wenders porträtiert Sebastião Salgado.
Das Verschwinden der Eleanor Rigby
Ned Benson, USA (2014)
All the lonely people : Aus zwei mach eins. Ned Benson rasselt um zwei Menschen, mit ihm und ihr.
Die Wolken von Sils Maria
Olivier Assayas, Frankreich (2014)
Seelenverwandtschaften: Ein Exkurs in das Innenleben einer alternden Schauspielerin – und das vor gewaltigem Bergpanorama.
Foxcatcher
Bennett Miller, USA (2014)
Das Leben im Klammergriff: Ein Drittwerk, das sich niemals nicht unterfordern lässt. Die Bestie des Bennett Miller.
Grace of Monaco
Olivier Dahan, Frankreich (2014)
Scham und Schaum: Wie Gracia als blasierte Fürstin dem Märchen entgeht. Eine Seifenoper.
Höhere Gewalt
Ruben Östlund, Schweden (2014)
Eine satirische Lawine an Subtilität: Ruben Östlunds Satire über den Zusammenhalt einer Familie nach einer Paniksituation.
It Follows
David Robert Mitchell, USA (2014)
Sex sells: David Robert Mitchell lässt die Geister und Dämonen tanzen. Besser aber, wer immer prüde bleibt.
Jauja
Lisandro Alonso, Argentinien (2014)
Wirr ins Schlaraffenland: Lisandro Alonso erzählt über einen Eroberer, der sich nicht erobern lässt. Und nichts erobert.
Jimmy’s Hall
Ken Loach, Großbritannien (2014)
Brot und Tanz: Ein vermutlich letzter Ken Loach zum gestrengen Werk von politischen Melodramen.
Land der Wunder
Alice Rohrwacher, Italien (2014)
Die wundersame Welt der Bienen: Eine Hommage ans Erwachsenwerden und eine Fabel zwischen Realität und Fantasie.
Leviathan
Andrey Zvyagintsev, Russland (2014)
Die Unbezwingbarkeit des Ungeheuers: Andrej Swjaginzews ausgezeichnetes Drama zeigt die Grenzen und die Kräfte der Macht.
Liebe auf den ersten Schlag
Thomas Cailley, Frankreich (2014)
Kampf in der Bredouille: Zoff zwischen Armee und Frettchen. Thomas Cailleys mäandernde Romcom, die sich selbst finden muss.
Life Itself
Steve James, USA (2014)
Zwei Daumen hoch: Der große Steve James porträtiert den großen Roger Ebert. Ein Leben allein nur für den Film.
Lost River
Ryan Gosling, USA (2014)
Mindfuck ohne Mind: Ryan Goslings Debüt interessiert sich nur an der eigenen, fassungslosen Ambivalenz.
Maps to the Stars
David Cronenberg, Kanada (2014)
Sternloses Blau: Kein Glitzer, sondern Angst. David Cronenbergs dystopisches Hollywood.
Missverstanden
Asia Argento, Italien (2014)
Bestrafung der Unschuld: Bei Asia Argento wird die Liebe wie eine schwarze Katze im Käfig herumgetragen.
Mommy
Xavier Dolan, Kanada (2014)
Bleibt alles anders: Aus dem Leben zweier Jungen. Xavier Dolan nochmals über Liebe und Hass zu seiner Mutter.
Mr. Turner
Mike Leigh, Großbritannien (2014)
Über die Rhythmik der Kunst: Mike Leigh entwirft ein Porträt eines Verschrobenen, der fröhlich auf die Kunst spuckt.
National Gallery
Frederick Wiseman, Frankreich (2014)
Ins Museum: Dokumentarlegende Frederick Wiseman besucht die Londoner National Gallery. Von Kunst und Können.
That Lovely Girl
Keren Yedaya, Israel (2014)
Vomit-Gore goes Arthouse: Keren Yedayas von Kritik und Publikum geschasstes Stück über Inzest und Masochismus.
The Captive
Atom Egoyan, Kanada (2014)
Entführung mit Zufallsprinzip: Atom Egoyan scheitert mit einem narrativen Gimmick an der Variation urtümlichster Genre-Regeln.
The Homesman
Tommy Lee Jones, Frankreich (2014)
Bewältigung der Geschlechter: Tommy Lee Jones fördert im Western-Mythos das nötige Bestehen der Menschlichkeit.
The Rover
David Michôd, Australien (2014)
Ein Paar, das sich nicht lieben können wird: David Michôd rückt der Nachwelt auf die Pelle in einem arglistig stillen Film. Mit Robert Pattinson.
The Salvation
Kristian Levring, Dänemark (2014)
Die Ermordung des uramerikanischen Westerns: Ein Däne zwingt an der Frontier um Black Creek alles in die Knie. Bis auf eine stumme Frau.
The Tribe
Miroslav Slaboshpitsky, Ukraine (2014)
Ohrenbetäubende Stille: Das Drama des Ukrainers Miroslav Slaboshpitsky kommt ohne gesprochene Dialoge aus.
Timbuktu
Abderrahmane Sissako, Frankreich (2014)
Schleier des Regimes: Die Kuh eines Hirtenjungen stirbt. Bei Abderrahmane Sissako Anlass genug für filmisches Gefälle.
Tu dors Nicole
Stéphane Lafleur, Kanada (2014)
Ein schönes Nichts: Der Drang nach Jugenderhaltung in Kanada. Eine luftige Generation geplagt vom „Ziel“.
Underdog
Kornél Mundruczó, Ungarn (2014)
Die Liebe und die Rache der Hunde: Ein durchkonstruiertes, doch effektives Zuspiel verschiedener Genre-Konventionen.
United Passions
Frédéric Auburtin, Frankreich (2014)
Und das Sepperl zuckt: Frédéric Auburtins Propagandapamphlet über die FIFA erzählt von der Schande, gesehen zu werden.
Welcome to New York
Abel Ferrara, USA (2014)
Die Macht des Triebes: Die nüchterne Bestandsaufnahme einer parasitären Selbstgefälligkeit.
Whiplash
Damien Chazelle, USA (2014)
Bum, bang bang: In fünf Schlägen pro Sekunde trommelt sich Damien Chazelle in die Psychose eines Schlagzeugers.
Wild Tales – Jeder dreht mal durch!
Damián Szifrón, Argentinien (2014)
Die Zerstörungswut des Wahnsinns: Sogar die Komödie explodiert in Damián Szifróns schwarzer Groteske, bis sie nicht mehr schwarz ist.
Winterschlaf
Nuri Bilge Ceylan, Türkei (2014)
Pulverfass der Worte: Die Palme d’Or für dreieinhalb-stündiges, prachtvolles Wortgefechtskino.
Xenia
Panos H. Koutras, Griechenland (2014)
Bunny-Alarm: Der neue griechische Wunderfilm, wie er leibt, lebt und dröhnend wütet. Inklusive Hase.
Zwei Tage, eine Nacht
Jean-Pierre Dardenne, Belgien (2014)
Gnade vor dem Kapitalismus: Die Brüder Jean-Pierre und Luc Dardenne erzählen aus dem Fundus des Lebens.
Meinungen
Teile uns deine Meinung zu „Festival de Cannes 2014“ mit. Die Angabe eines Namens, einer korrekten E-Mail-Adresse sowie der Kommentartext sind verpflichtend. Alle Meinungen werden moderiert.